e-fix Humboldhain

Alber e-fix E25

Zusatzantrieb für manuelle Rollstühle

 

Wie ich ja an anderer Stelle schon ausgeführt habe, ist das Testen manueller Rollstühle ein schwieriges Unterfangen, das nur mit erheblichem Aufwand zu sinnvollen Ergebnissen führen kann.

Anders ist das bei manuellen Rollis mit Zusatzantrieben, jenen Zwittern, die sich zwischen klassischem E-Rollstuhl und manuellen Rollstuhl bewegen. Die Firma Alber hat uns für die Erprobung solch eines Zwitters eine Kombination von e-fix E25 und dem Standard Faltrollstuhl Sopur easy 300 (Sunrise Medical) zur Verfügung gestellt.

Bei meinen Erprobungen fielen mir auch einige Schwächen des Faltrollstuhls auf, die aber z.T. auf den schon etwas mitgenommenen Zustand des Demo-Rollstuhl zurückzuführen waren, zum anderen durch leicht zu bewerkstelligende Modifikationen an dem Rolli zu beheben wären.

Ich werde mich im Folgenden vor allem zu Eigenschaften des Antriebs auslassen. Eigenschaften des Gesamtpakets Rollstuhl-Zusatzantrieb sind natürlich wesentlich von der Qualität des verwendeten Rollis abhängig.

Basis

w Breezy efix 1

Prinzipiell kann der e-fix mittels eines Adapter-Systems an alle gängigen Falt- oder Starrrahmenrollstühle angebaut werden. Der e-fix ist als E25 für Personen bis 120kg oder als E26 für Personen bis 160kg erhältlich. Unser e-fix E25 treibt den Faltrollstuhl Sopur easy 300 an, der auf den ersten Blick vor allem wegen seiner Doppelschere einen sehr stabilen Eindruck macht.

Man sollte jedoch darauf zu achten, dass insbesondere bei Faltrollstühlen, der Rahmen möglichst verwindungssteif ist. Durch das hohe Drehmoment der Motoren wirken hohe  Kräfte auf den Rollstuhlrahmen ein, die schnell dazu führen können, dass der Rahmen sich leicht verformt oder der Scherenmechanismus des Faltrollstuhls den Kräften nicht genügend entgegensetzen kann und leicht nachgibt. (Nein , er faltet sich nicht zusammen!) Diese Instabilitäten beeinflussen das Fahrverhalten und sind darüber hinaus am ganzen Körper deutlich zu spüren.

Ob man das als störend empfindet, ist abhängig vom Nutzertyp. Manche e-fix  Ritter finden gerade die Rückmeldungen von dem sich verwindenden Rolli als wichtige Information zur Kontrolle des Rollis. (Popometer)

Antrieb und Ausstattung

Der Antrieb besteht aus 2 Nabenmotoren, die mittels eines Joysticks, wie bei einem klassischen Elektrorollstuhl, bedient werden. Die e-fix Räder können problemlos gegen die Originalräder ausgetauscht werden, sodass man den Rolli auch als einfachen manuellen Rolli nutzen kann.

w Antrieb

W Joystick 1

Das System ist so ausgelegt, dass beim Bergabfahren die Motoren als Generatoren wirken und Strom zurück in die Akkus speisen. (Rekuperation) Das ist ein tolles Feature, hat aber den kleinen Nachteil, dass man mit ganz frischen Batterien beim Bergabfahren stark ausgebremst wird: Um die Batterien vor Überladung zu schützen, schaltet die Steuerungselektronik in einen Spezialmodus, der den Rolli nur noch im Schneckentempo fahren lässt. Man sollte also besser nicht oben auf einem Berg wohnen, wenn man mit frisch geladenen Batterien losfahren möchte.

DrehschalterNabe

Will man den Rolli als Schieberollstuhl, ohne Motorkraft verwenden, kann man die Motoren durch Drehen der Bedienplatte an der Nabenabdeckung auskuppeln.
Zum manuellen Selbstfahren eignen sich die e-fix Räder jedoch nicht, da die Entkoppelung nicht vollständig wirkt und die Räder sich nicht wirklich frei drehen lassen. Immerhin, die Anstrengung wird "belohnt": Wird man im e-fix geschoben, oder fährt manuell, werden die Akkus wieder geladen. Keine 40km, und sie sind wieder voll!

Dreht man die Bedienplatte ein Stück weiter und drückt gleichzeitig den großen runden Knopf an der Nabe, kann man das Rad einfach abziehen. Der Anbau ist etwas fummeliger, weil man nur in einer definierten Stellung das Rad wieder aufstecken kann, stellt aber trotzdem keine besondere Hürde dar.

 

Batterien

Die Stromversorgung erfolgt über 2 Blei-Gel-Batterien (je 12V 12 Ah), die in einem speziellen Koffer verbaut sind. Laut Hersteller sollen sie etwa 16 km Fahrt ermöglichen. Erfahrungsgemäß ist es angebracht, nicht mehr als 2/3 der angegebenen Reichweite als realistischen Wert zu betrachten. Also etwa 10-12km. (optional sind auch 17Ah Akkus erhältlich)

BatterieSchnittstelle

BatterieDrinOffen

BatterieDrinZu


Zum Transport öffnet man den Klettverschluss der Batterietasche, zieht das Schnittstellenbauteil, das die Schnittstelle zwischen Steuerungselektronik mit der Batterie bildet, ab und kann den Batteriekoffer dann einfach herausnehmen.

Das mitgelieferte Ladegerät leistet 2,5 A und wird über einen Klinkenstecker mit dem Akku verbunden. Die Ladebuchse befindet sich gut zugänglich unter dem Sitz an dem Schnittstellenbauteil. Man muss sich allerdings bücken können, um die Buchse zu erreichen.
Das Ladegerät arbeitet absolut lautlos, ist also schlafzimmertauglich.

Kippstützen

Aufbockhilfen

Um den Rollstuhl gegen einen Überschlag nach hinten zu schützen, verfügt das Testmodell über optional erhältliche Kippstützen, die wir schon vom E-motion her kennen. Sie sind sowohl längen- als auch winkelverstellbar, was wichtig ist, um eine ausreichende Bodenfreiheit bein Ankippen zu gewährleisten (Hindernisüberwindung). Zudem lassen sie sich prima als Aufbockhilfe nutzen, um schnell und einfach die Räder an- und abbauen zu können. 

Steuerteil

Das Bedienteil ist in unserem Fall an einem optional erhältlichen Abschwenkmechanismus  befestigt, sodass es zum Heranfahren an Tische zur Seite geklappt werden kann. Die gekapselte Mechanik schützt vorbildlich gegen Verletzungsgefahr, was leider keine Selbstverständlichkeit ist. Die meisten derartigen Mechanismen bestehen aus offen liegenden Scherensystemen, an denen man sich problemlos die Finger abscheren kann.

Abschwenk Vor

Abschwenk Abbau

Ohne Abschwenkmechanismus ist ein nahes Heranfahren an Tische (z. B. zum Essen) nicht möglich. Wir betrachten deshalb die Abschwenkmechanismen als unbedingtes MUSS bei der Ausstattung von Rollstühlen.

Zum Transport im Auto lässt sich das Bedienteil samt Abschwenkmechanismus mit einem Griff abnehmen. Die Kabelverbindung ist ebenfalls sehr leicht zu trennen, so dass man das Bedienteil an einem geschützten Ort verstauen kann.

Begleitsteuerung

Begleitsteuerung

Unser Demo-Rolli ist mit einer Begleitsteuerung ausgestattet, die es erlaubt, den e-fix Antrieb als Schiebehilfe zu verwenden.

Sie kann ebenfalls sehr leicht und ohne Werkzeug an- und abmontiert werden. Dabei handelt es sich um zwei zusätzliche Griffe, die mittels eines Adapters an die bestehenden Griffe angebaut werden (Griff an Griff). Einer dieser Griffe beherbergt die Steuerung, der andere dient lediglich der Symmetrie. (gleiche Position beider Griffe)

Bei früheren e-Fix Generationen steckte man das normale Bedienpult einfach von vorne nach hinten um. Das Problem bei dieser Lösung war, dass sich die Gehbewegungen der Begleitperson auf den Joystick übertrugen und ein exaktes Steuern dadurch sehr erschwert wurde.
Die neu entwickelte Begleitsteuerung funktioniert ohne Joystick.

Mittels eines Drucktasters an der Unterseite des Bediengriffs gibt der Begleiter „Gas“. Über einen Schalter wählt er Vorwärts-/Rückwärtsfahrt an. Interessant wird es beim Lenken. Mit dem Bediengriff ist ein Sensor verbunden, der seitlich wirkende Kräfte erkennen kann. Übt man nun seitlichen Druck auf den Bediengriff aus, gibt der Sensor ein entsprechendes Signal an die Steuerelektronik weiter. Die veranlasst die Motoren den Rollstuhl in die gewünschte Richtung zu bewegen.

Ist der Antrieb an dem Hauptbedienteil angeschaltet, kann der Begleiter per Knopfdruck die Bedienfunktionen auf die Bedieneinheit für den Begleiter verlegen.

eFix zerlegt

Transport

Ein großer Vorteil des e-fix Konzepts gegenüber klassischen E-Rollis ist die einfache Transportierbarkeit des Komplettsystems.

Kippstützen, Begleitsteuerung, Hauptsteuerung, Batteriekoffer und Antriebsräder sind in weniger als 5 Minuten komplett werkzeugfrei abzubauen.  Die Einzelteile lassen sich dann gut im Auto verstauen. Der Faltrahmen behält seine Faltbarkeit.
Das Schwerste davon ist, abgesehen von dem Rollstuhlrahmen, der Batteriekoffer mit 9 kg, der sich aber Dank des Tragegriffs sehr gut tragen lässt. Die Räder wiegen jeweils 7,8 kg.

ErFahrungen

Bei der Übergabe des Rollstuhls erhielt ich durch den Alber Mitarbeiter eine Einweisung, die Dank des einfach zu bedienenden Antriebskonzepts und der wenigen Bedienelemente recht kurz ausfiel.

Ich konnte also schnell loslegen.

In der Wohnung stellte ich vorsichtshalber mit dem Einstellrädchen für die maximale Geschwindigkeit eine mittlere Geschwindigkeit ein (Höchstgeschwindigkeit ca. 6km/h), und konnte so ohne Karambolagen die enge Wohnung verlassen und mit dem gleichfalls knapp bemessenen Aufzug nach unten fahren. Das Rangieren stelle keinerlei Problem dar, der Rolli reagierte , wie erwartet und ich fühlte mich mit der Steuerung sofort vertraut. (Meine Erfahrung mit „normalen“ Elektrorollstühlen spielte dabei sicherlich eine Rolle.)

Draußen angekommen, ging‘s bei herrlichem Sonnenschein auf meine Standard-Teststrecke: Um den Block herum, in den nahe gelegenen Park.

Schnell zeigten sich die Grenzen unseres Testrollstuhls:

Lenkrad

Während es auf dem Gehweg problemlos und flott dahinging, stellten schon kleine Hindernisse, wie abgesenkte Bordsteinkanten, echte Probleme dar.

Ursache für diese Schwierigkeiten sind die kleinen 5“ Lenkräder, die zudem mit einem relativ harten „Vollgummi“-Reifen ausgestattet sind. Für den Außenbereich sind diese Räder für Selbstfahrer mit Zusatzantrieb weniger geeignet.

Fährt man langsam an die Hindernisse heran, bleibt man am Hindernis stecken, fährt man mit Schwung an das Hindernis heran, läuft man Gefahr die Radaufhängung zu beschädigen, die harte Schläge nur schlecht verkraften kann.

Abhilfe können hier größere luftbereifte Lenkräder (z. B. 7“ Räder) schaffen, die höhere Hindernisse überwinden können und zudem stoßdämpfend wirken, was den Fahrkomfort erhöht und die Radaufhängung schont.

Kippschutz

Man kann versuchen Hindernisse rückwärts zu überwinden, wofür sich die großen Antriebsräder geradezu anbieten. Leider sind da aber schnell die Kippstützen im Weg.

Nun könnte man die Kippstützen so einstellen, dass sie weiter vom Boden entfernt sind, und so größere Hindernishöhen ermöglichten. Allerdings heißt das dann auch, dass der Rollstuhl im Ernstfall weiter nach hinten kippen kann und so das Risiko des Überschlags größer wird. Wegen des hohen Drehmoments der Motoren ist dies keine bloß theoretische Gefahr, wie wir noch erfahren werden.

Außerdem will man, wenn man eine Straße überquert, möglichst problemlos und schnell auf der anderen Seite ankommen und nicht erst lange herum rangieren müssen, um auf der anderen Seite wieder auf den sichereren Gehweg zu gelangen.

Ich hatte dieses Mal glücklicherweise einen Fotografen dabei, der mich in solchen Fällen aus dem fließenden Autoverkehr rettete, indem er den Rolli an den Hindernissen, wie bei Schieberollstühlen üblich, ankippte und ich so Kanten überwinden konnte.

Dabei zeigte sich ein ganz wesentlicher Vorteil dieses Antriebskonzepts gegenüber klassischen E-Rollis: Man scheitert zwar eher an Hindernissen, kann sie aber, wegen des geringen Gewichts, mit Hilfe sehr viel einfache überwinden, als mit einem E-Rolli. Einen E-Rolli mit Insassen kippt man nicht mal eben an und schon gar nicht kann man ihn im Notfall (zu zweit) Stufen hochtragen.

Erfahrene e-fix Nutzer erzählten mir, dass sie auf den Kippschutz ganz verzichten, um wenigstens rückwärts Hindernisse überwinden zu können. Statt dessen würden sie die Achsaufnahme der Hinterräder so weit wie möglich nach hinten verlegen, um den Rollstuhl kippsicher zu machen.
Wir möchten aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Fahren ohne Kippstützen mit Risiken verbunden ist und Alber ausdrücklich die Verwendung von Kippstützen vorschreibt.

Auf halbwegs ebenen Untergründen ließ sich der Rolli sehr gut bewegen und auch hier folgte er den Steuerbefehlen sehr genau.

Ein guter Teil meiner „Teststrecke“ liegt in einem Park mit einem künstlichen Berg, der mit den Resten zerbombter Häuser um einen riesigen, nicht sprengbaren Flak-Bunker aufgeschüttet wurde. Der Berg ist inzwischen mit großen Bäumen bestanden, durch die sich ein Serpentinenweg, mal gesandet, mal geteert, zu einer Aussichtsplattform oben auf dem Bunker windet.
Neben verschiedenster „Fahrbahnbeläge“ mit mehr oder weniger Offroad-Charakter findet man hier eben auch echte Steigungen, womit wir in Berlin eher weniger gesegnet sind.

Kiesweg bergab

Wie zu erwarten, erwies sich unser Rolli den Anforderungen des recht unebenen Serpentinenwegs nicht gewachsen. Besonders fatal waren die immer wiederkehrenden gepflasterten Entwässerungsrinnen, die den Weg im Abstand von 20 bis 30 Metern kreuzten. Hier setzten regenmäßig die Kippstützen auf, sodass die Antriebsräder über der Entwässerungsrinne den Bodenkontakt verloren und man weder vorwärts noch rückwärts fahren konnte. Zugegeben, das war auch ein bisschen unserer eigenen Dummheit geschuldet, wir hätten die Kippstützen vorher etwas weniger "sicher"  (= mehr Bodenfreiheit) einstellen sollen.

Aber ich hatte ja meinen Fotografen dabei, die mich immer wieder tapfer aus solch aussichtslosen Situationen befreite.

Die Motoren hatten mit den steilsten auffindbaren Steigungen keine Mühe und schoben den Rolli problemlos hoch. Das starke Drehmoment sorgte gelegentlich dafür, dass bei extremen Steigungen die Vorderräder wie bei einem Dragster hochstiegen und die Bedeutung der Stützräder unmissverständlich klar machten. Die Stützräder verhinderten prekäre Situationen dennoch zuverlässig.

Asphalt bergauf

Beim Bergabfahren bremsten die Motoren den Rolli und laden gleichzeitig die Batterien.

Es wurde schnell deutlich, dass die Schwierigkeiten in erster Linie mit den kleinen Lenkrädern zusammen hängen. Man also mit einfachsten Mitteln für eine Optimierung des Fahrverhaltens sorgen kann.

Natürlich haben wir auch die Funktion der Begleitsteuerung ausprobiert.

In der Praxis zeigt sich die Begleitsteuerung von ihrer eher störrischen Seite. Bei unserem Testrolli musste man relativ starken seitlichen Druck ausüben, um den Rolli zu einer Kursänderung zu bewegen. Besonders bei engen Radien hatte man das Gefühl gegen die Motoren arbeiten zu müssen, statt mit den Motoren.

Die Kupplungen für die Verbindung zwischen Begleiter Handgriffen und Original Handgriffen sind albertypisch sehr schön gearbeitet, haben aber an der Nahtstelle Kunststoffgriff - Kupplung etwas Spiel. Das führt dazu, dass man den Griffen nicht so richtig vertraut und ständig Angst hat, sie könnten abbrechen, wenn man ordentlich zulangt.

Auch wenn uns das neue Konzept der Begleitsteuerung besser gefällt, als die alte Lösung mit dem verlegbaren Joystick, so konnte sie uns doch nicht völlig überzeugen. Hier ist noch etwas Fine Tuning erforderlich.

 

Fazit

Wer auf der Suche nach einem Rollstuhl ist, der einen über relativ weite Strecken und auf schlechten Wegen ans Ziel bringt, sollte sich klassische Elektrorollstühle ansehen.

Wer allerdings die Transportfähigkeit und Wendigkeit eines manuellen Faltrollstuhls schätzt, selbst aber nicht oder nur mit Mühen einen manuellen Rolli antreiben kann, sollte sich den e-fix näher ansehen.

Uns überzeugte vor allem das einfache Bedienkonzept und die durchzugsstarken Motoren, die auch von großen Steigungen nicht ausgebremst werden konnten. Will man den e-fix im Außenbereich nutzen, empfehlen sich große Lenkräder. Eine Luftbereifung hilft dabei Insasse und Lenkgabel zu schonen.

 

 Hinweis: Bitte beachten Sie auch den Bericht unseres Lesers Michael Streit zu seinem e-fix.

  • einfache Bedienung
  • starke Motoren
  • geringes Gewicht
  • Hindernisüberwindung mit Hilfe einfach
  • Hindernisüberwindung ohne Hilfe sehr schlecht