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Alber e-fix E35

Zusatzantrieb für manuelle Rollstühle

Fast genau 1 Jahr ist es her, dass wir uns den e-fix E25 von Alber ansahen. Nun hatten wir die Möglichkeit das Nachfolgemodell, den e-fix E35, genauer unter die Lupe zu nehmen..
Wir werden in diesem Bericht vor allem auf die Unterschiede zum e-fix E25 eingehen. Die grundlegenden Eigenschaften sind in dem Bericht zum Vorgängermodell beschrieben.

Basis

E35 Ansicht-oben b250

Auch der e-fix E35 kann grundsätzlich an alle gängigen Falt- oder Starrrahmenrollstühle angebaut werden. Wie beim Vorgängermodell gibt es auch bei dem aktuellen Modell 2 Motorenvarianten:

e-fix E35 für Personen bis 120 kg Körpergewicht und den e-fix E36 für Personen bis 160 kg.

Unser e-fix E35 ist an einem Küschall-Compact Rollstuhl montiert. Dieser Rollstuhl bringt als Extraausstattung eine doppelte Kreuzstrebe mit, was den ohnehin stabilen Rolli noch eine Spur steifer macht. Man sollte die Kräfte, die durch den Elektroantrieb auf den Rahmen wirken, nicht unterschätzen. Zwar würde der Antrieb auch mit der Standard -Schere des Küschall-Compact problemlos funktionieren, jedoch bringt ein etwas steiferes Fahrwerk, insbesondere wenn man mal in unebenerem Terrain unterwegs ist, etwas mehr Fahrstabilität.
(Auch wenn unser Rolli natürlich kein "Offroader!" ist.)

Antrieb und Ausstattung

E35 AnsichtSeite b300

Auf den ersten Blick hat sich an dem neuen E35 nichts Wesentliches geändert. Der Rolli wird durch zwei Nabenmotoren angetrieben, die per Joystick gesteuert werden. Auch beim neuen Modell lassen sich die Räder einfach abziehen und durch die Standard-Rollstuhlräder ersetzen.

Und wie schon der E25, kann auch der E35 seinen Akku bei Bergabfahrt laden.

Auf den zweiten Blick, offenbart der e-fix E35 allerdings einige Weiterentwicklungen.

So fiel uns als erstes auf, dass sich der E35 im ausgekuppelten Zustand deutlich leichter schieben ließ, als das beim E25 der Fall war. Beim E25 trennte die Kupplung den E-Motor nicht komplett, sodass man gegen den Widerstand des Motors anschieben musste. Das Problem gibt e beim E35 nicht mehr.

Die neuen 36V Motoren haben zudem einen verbesserten Wirkungsgrad, d. h. sie sind energiesparender als die alten 24V Motoren.

Akkus

Eine ganz entscheidende Verbesserung stellt die Verwendung von Lithium-Ionen Akkus dar. Sie sind bei gleicher Kapazität deutlich leichter, von geringerer Baugröße und halten erheblich länger, als die weit verbreiteten Blei-Gel-Akkus, die noch beim Vorgängermodell eingesetzt wurden.

Aus diesem Grund gibt Alber auch 2 Jahre Garantie auf die Li-Ionen Akkus. (Blei Gel ½ Jahr).

Die kleinen Akkus lassen sich ohne Werkzeug mit einem Griff abnehmen. Alber gibt eine maximale Reichweite von 16 km an. Wie immer bei derartigen Angaben sollte man diese mit Vorsicht behandeln. Wir konnten die Reichweite nicht testen, erfahrungsgemäß würden wir eher 12 km als 16 km annehmen. Wegen der geringen Größe und des geringen Gewichts des Akkus kann man aber recht einfach einen Reserveakku mit auf die Fahrt nehmen, sollte es mal ein etwas längerer Ausflug werden.

Die Reichweite ließe sich zudem durch andere Reifen noch weiter erhöhen. Die serienmäßigen pannensicheren („Vollgummi“-) Reifen haben einen erheblich höheren Rollwiderstand, als gut aufgepumpte Luftreifen. (mehr dazu hier)

Akku 1 b250

Akku 2 b250

Gewichts und Kapazitätsvergleich

Der neue Akkupack wiegt nur 2kg und ist damit um 7kg leichter als sein Vorgänger.

 
  E25 E35
Akkutyp Blei Gel Litium Ionen
Gewicht 9 kg 2 kg
Spannung 2x 12 V 36 V
Kapazität 12 Ah (17 Ah) 6 Ah (7,5 Ah)
     

Nominell haben zwar die alten Bleigelakkus eine höhere Kapazität (288Wh) als der neue Li-Ionen Akku (216 Wh), aber durch den besseren Wirkungsgrad der neuen Motoren und das andere Entladeverhalten des Li-Ionen Akkus, ergibt sich unter dem Strich eine etwa gleich große Reichweite.

Der Akkupack wird einfach in einen Aufnahmerahmen eingeklinkt, der bei unserem Rolli an Riemen unter dem Sitz hängt. Trotz der flexiblen Aufhängung an Riemen ist der Akku in seiner Lage sehr gut fixiert. Hier schlackert nichts hin und her. Ein Vorteil dieser Befestigung ist, dass man Faltrollstühle schmaler falten kann, weil die Akkuhalterung an den entspannten Riemen flexibel drehbar ist..

Ladegeraet b300

Das mitgelieferte Ladegerät arbeitet, wie bei Alber üblich, lautlos und ist damit schlafzimmertauglich. Als Anschlüsse für das Ladekabel dienen die Anschlüsse für die Steuerteile, direkt am Akkugehäuse.
Optional ist mittels eines Verlängerungskabels die Verlegung der Anschlussbuchse von dem etwas schwer zugänglichen Bereich, unter dem Sitz, an einen günstiger gelegenen Ort, z.B. an den Schiebegriffen möglich.

Unser Rolli ist zusätzlich mit einer Steuerung für eine Begleitperson ausgestattet. Die dafür notwendige Anschlussbuchse wird mit eben so einem Verlängerungskabel hergestellt und kann dann natürlich als Ladekabelanschluss genutzt werden.

Steuerteil

Die auffallendste Neuerung am E35 ist das Steuerpult.

Steuerung-1 b635

Gegenüber dem Alber-typischen Grau-in-Grau Design, hat man sich hier mal richtig was getraut, ja geradezu über die Stränge geschlagen: Statt des traurigen Graus, gibt es nun das Steuerteil in Farbe! Aber da die Schwaben bekanntermaßen sparsame Leute sind, treibt man es nicht zu bunt und gönnt sich (und uns) nur ein kühles Weiß, wie man es aus Zahnarztpraxen der 70er Jahre kennt.

Steuerpult Detail

Aber die Form ist eindeutig eleganter, als jedes ander Steuerpult, das uns bisher untergekommen ist. Irgendwie "i-mäßig".

Besonders chic ist ein integrierter LED Strahler vorne an am Steuerpult. Eine Art Tagfahrlicht, wie man es heute bei den Autos gerne hat. Der Zweck dieser Beleuchtung hat sich uns jedoch nicht erschlossen. Der Strahler leuchtet ins Nirgendswo und kann auch nicht eingestellt werden. Und da er überdies ausgesprochen funzelig leuchtet, beleuchtet er außer sich selbst, sowieso nichts anderes.

Fast lustig wird es bei dem optional erhältlichen Abschwenkmechanismus. Obwohl der Schwenkarm denen anderer Hersteller überlegen ist, er ist gekapselt, sodass man sich nicht die Finger einzwicken kann und ist sehr gut zu bedienen (keine Selbstverständlichkeit!), fragt man sich, warum es einer derartig aufwendigen Haltekonstruktion bedarf:

Über ein Halteblech wird der Haltepunkt für den Abschwenkmechanismus zuerst um 10 cm abgesenkt, um dann gleich wieder 5cm nach oben geführt zu werden. Am 2. Drehpunkt führt man dann die Halterung für das Steuerteil nochmals um 5cm nach oben, sodass man wieder auf dem Ausgangsniveau angelangt ist. Warum nur dieses Hin- und Her?

Steuerpult LED b250

Abschwenkteil b250

Da gibt man sich sichtlich Mühe bei der Gestaltung des Steuerpults und befestigt es dann mit Basteleien, die jedem Hobbybastler die Haare zu Berge stehen lassen.

Bedienung Menü

Das Bedienmenü ist leicht verständlich und gut zu bedienen. In der Praxis ist die Auswahl der Fahrmodi und die Displayanzeige wohl am Interessantesten.

Man kann zwischen 3 verschiedenen Fahrmodi wählen:

E35 Display b200

  • Tour (Standardeinstellung)
  • Eco (Energiesparmodus, geringere Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit auf 5km/h begrenzt, gut für erste Fahrversuche.)
  • Sport (Beschleunigung höher als im Tour-Modus)

Darüber hinaus hat man verschiedene Anzeigemöglichkeiten für das Display. Schön ist, dass man sich nicht mehr entscheiden muss, die eine oder die andere Anzeigemöglichkeit zu nutzen, sondern dass man alle Möglichkeiten gleichzeitig anzeigen lassen kann. Neben den Basisinformationen zu Akkuzustand und Geschwindigkeit lassen sich folgende Infos einblenden:

  • Tageskilometerzähler
  • verbleibende Reichweite (wie üblich, nur grobe Richtwerte!)
  • Uhrzeit
  • Datum

Begleitsteuerung

Begleitsteuerung Detail

Unser Demo-Rollstuhl ist zusätzlich mit einer Begleitsteuerung ausgestattet. Das ermöglicht einer Begleitperson den Rollstuhl ohne Kraftanstrengung, per Motorkraft zu "schieben".

Gelenkt wird durch seitlichen Druck auf den Steuerhandgriff.Dies registriert ein Sensor und leitet ein entsprechendes Signal an die Steuerelektronik weiter, die die Motoren veranlasst, den Rollstuhl in die gewünschte Richtung zu bewegen.

Mittels eines Drucktasters an der Unterseite des Bediengriffs gibt der Begleiter „Gas“. Dieser Taster ist im Notfall auch ein Panikschalter. Drückt man ihn über einen deutlich spürbaren Widerstand hinweg durch, schaltet sich der efix  ab.

Über einen Schalter wählt man Vorwärts-/Rückwärtsfahrt  und an einem Drehrädchen kann die gewünschte Höchstgeschwindigkeit eingestellt werden.
Ist der Antrieb an dem Hauptbedienteil angeschaltet, kann der Begleiter per Knopfdruck die Bedienfunktionen auf die Bedieneinheit für den Begleiter verlegen.

Allerdings funktioniert das System nicht ganz so intuitiv, wie es der Prospekt verspricht. Es bedarf etwas Übung, um damit locker umgehen zu können. Intuitiv versucht man nämlich anfangs den Rolli „mit Kraft“ in die gewünschte Richtung zu dirigieren.

Steuerung komplett

Auch muss man sich als Fußgänger hinter dem Rolli erst an die Koordination seiner eigenen Gehgeschwindigkeit und der durch die Steuerung ausgelösten Geschwindigkeit des Rollstuhls gewöhnen. Besonders beim Rückwärtsfahren sollte man vorsichtig sein, sich nicht selbst zu überfahren. (Im Ernstfall Panikschalter nicht vergessen!)

Hat man sich aber erst mal mit der Steuerung vertraut gemacht, kann man den Rolli wunderbar einfach dirigieren.

Die uns bei dem Vorgängermodell aufgefallenen Störrigkeit konnten wir bei dem aktuellen Modell nicht feststellen. Die Steuerung reagiert problemlos auf leichten seitlichen Druck und lenkte den Rolli ohne Kraftaufwand in die gewünschte Richtung. Eine weitere Verbesserung!

ErFahrungen

Birkenwaeldchen b630

Bei unseren letztjährigen ErFahrungen mit dem e-fix E25 stellten wir fest, dass die Kombination manueller Rollstuhl+Zusatzantrieb für das „Offroadfahren“ nur bedingt taugt. Die gleiche Erfahrung machten wir auch mit unserem aktuellen Modell.

Schaukel b250

Schon die Überwindung abgesenkter Bürgersteigkanten bereiten dem Rolli, trotz der 7" Lenkräder, Schwierigkeiten. Möglicherweise verbessert sich die Kantensteigfähigkeit etwas, wenn man luftbereifte Lenkräder (z. B. 8") verwendet. Das sollte man mit seinem Sanitätshaus abklären und nach Möglichkeit vorher ausprobieren.

Allerdings wird der Nachteil der geringen Kantensteigfähigkeit durch das relativ geringe Gewicht des Fahrzeugs ausgeglichen. Eine Hilfsperson kann den Rolli samt Insassen leicht ankippen, sodass man auch höhere Stufen noch gut bewältigen kann. Mit einem "richtigen" E-Rolli hat man zwar bei kleinen Stufen keine Probleme, höher Stufen sind aber schlicht unüberwindbar. Nicht so für ein e-fix Gespann mit Hilfsperson.

Rollis mit e-fix Antrieb werden erfahrungsgemäß eher „sicher“ eingestellt. D. h. der Schwerpunkt wird so eingestellt, dass ausreichend Gewicht auf den Lenkrädern lastet und der Rollstuhl nicht "kippelig" wird. (im Gegensatz zu aktiven Einstellungen, bei denen die Vorderräder wenig Last tragen und der Rolli leichter anzukippen ist.)

Auch bei unserem Rolli ist solch eine „sichere“ Fahrwerksabstimmung gewählt worden. Trotzdem stieg unser Rolli wg. des hohen Drehmoments der Motoren vorne sehr leicht hoch, wenn man flott über kleinste „Rampen“ (etwa ein 4cm hohe Kante mit einer ca. 40cm langen „Sandrampe“ davor) fuhr. Ohne Stützräder wären wir nach hinten umgekippt.

Deshalb ganz wichtig: Nicht ohne Kippstützen fahren!

Wheely-breit-6

„The Stick“ (Rennfahrer bei Top Gear ) verriet uns, dass er den e-fix immer m Sport-Modus bewegen würde. Dann sei es möglich durch Gewichtsverlagerung und abruptes Gasgeben den Rolli vorne hochsteigen zu lassen und so Hindernisse zu überwinden.

Mehr zu den Fahreigenschaften finden sie in unserem Bericht zum E25.

Transport

Der neue e-fix E35 lässt sich zum Transport genauso leicht auseinandernehmen, wie sein Vorgänger. Man kann sogar den Akku an Ort und Stelle lassen und den Rolli trotzdem falten. Leichter zu heben und schmaler zu falten ist der Rolli allerdings, wenn man den Akku vorher herausnimmt (1 Griff und raus ist er!) und extra verstaut.

Ein besonderer Vorteil der geringen Breite bei gefaltetem Rolli ist, dass man nur eine Auffahr-Schiene (Rampe) braucht, statt wie üblich 2 Rampen, um den Rolli in einen Kombi zu schieben.
Die Akkus sind mit ihrer Kapazität von unter 300Wh so bemessen, dass sie im internationalen Flugverkehr befördert werden dürfen.

Fazit

Die Modellpflege tat dem e-fix gut. Das neue Steuerpult sieht nicht nur schön aus, es zeigt auch endlich alle wichtigen Infos gleichzeitig an. Die Motoren lassen sich nun gänzlich entkoppeln, sodass der Rolli ohne Motorkraft besser geschoben werden kann, als sein Vorgänger. Besonders haben wir uns über den neuen Li-Ionen Akku gefreut, der eine höhere Lebensdauer verspricht, als die veralteten und schweren Blei-Gel Akkus. Auch die Begleitsteuerung funktioniert nun deutlich besser als noch beim Vorgängermodell.

Die Probleme beim Kantensteigen sind bauartbedingt und lassen sich wegen des geringen Gewichts von Rollstuhl + Zusatzantrieb mit Hilfe Dritter oftmals einfacher lösen, als bei "echten" E-Rollis.

Wie schon beim E25 gilt auch hier: Wer Offroad oder schneller unterwegs sein möchte, sollte sich "richtige" E-Rollis ansehen. Wer einen Rolli mit Schiebehilfe oder zum Selbstfahren sucht, der auch leicht zerlegbar und transportabel ist, der ist mit dem e-fix E35 gut bedient.

  • Steuerpult
  • Li-Ionen Akku
  • Transportfähigkeit
  • Hindernisüberwindung bei großen Hindernissen
  • Befestigung Abschwenkmechanismus
  • Hindernisüberwindung kleiner Hindernisse
  • das Albstädter Grau