
Der erste Eindruck
Die kleine Schweizer Firma SKS Rehab hat sich auf den Bau besonders kompakter Rollis spezialisiert und hat mit dem VIVA nach eigenem Bekunden einen der „weltweit kompaktesten“ Elektrorollstühle für den Innen- und Außenbereich im Programm.
Tatsächlich haben wir nicht schlecht gestaunt, als wir dem Viva Plus das erste Mal gegenüber standen: Dieser Rolli ist extrem kompakt und wirkt, als hätte man versucht den Rolli auf Würfelform zusammen zu pressen! Wir wollen sehen, was so viel komprimierter Rollstuhl zu leisten im Stande ist.
Die Ausstattung
Unser VIVA Plus wurde uns mit einer umfangreichen Ausstattung übergeben. Der VIVA-Plus unterscheidet sich von dem Standardmodell VIVA lediglich durch den eingebauten Sitzlift. Der Preisunterschied ist gewaltig: knapp 2700,-€ (incl. MwSt.) werden für den Lift extra fällig!
Unser blauer Flitzer kommt in der 10km/h Version daher. Die Besonderheit bei diesem Ausstattungspunkt ist, dass es keine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) dazu gibt, sondern eine Einzelbetriebserlaubnis (EBE), die für jeden mit 10km/h Version versehenen VIVA extra ausgestellt werden muss und separat in Rechnung gestellt wird. Das komplette 10km/h Paket besteht aus Warnschild, EBE und den stärkeren Motoren und kostet incl. MwSt. über 600,00€. (siehe Tabelle)
In unserer Übersicht geben wir neben der aktuellen Ausstattung unseres Testrollis, zur besseren Orientierung auch die „Normalversion“ des VIVA, mit einer unseren bisherigen Testrollis vergleichbaren Ausstattung an.
VIVA Plus | VIVA Standard | |||
---|---|---|---|---|
Position | Netto [€] | incl.MwSt [€] | Netto [€] | incl.MwSt [€] |
Basismodell | 10.750,00 | 11.502,50 | 8.230,00 | 8.806,10 |
12 km/h Version | 198,00 | 211,86 | 198,00 | 211,86 |
Warndreieck | 45,00 | 48,51 | 45,00 | 48,51 |
TÜV Abnahme (EBE) | 350,00 | 374,50 | 350,00 | 374,50 |
Armlehne klappbar | 917,00 | 981,19 | ||
Armlehne steckbar (Standard) | 0,00 | 0,00 | ||
Armpolster verschiebbar | 355,00 | 379,85 | ||
Sitzpolster ergonomisch | 195,00 | 208,65 | 195,00 | 208,65 |
ergonomischer Rücken | --- | --- | 330,00 | 353,10 |
anatomischer Rücken | 430,00 | 460,10 | --- | --- |
Rückenmlehne elt Neig.Verstellg. | 1.032,00 | 1.104,24 | ||
Rücken mit Längenausgleich | 1.250,00 | 1,337,50 | ||
Kantelung | 1.335,00 | 1.449,85 | 1.335,00 | 1.449,85 |
Fußplatten winkelverstellbar | 151,00 | 161,57 | 151,00 | 161,57 |
Lenkgabelarretierung elt. | 1.150,00 | 1.230,50 | ||
Beleuchtung und Kotflügel | 566,00 | 605,62 | 566,00 | 605,62 |
Bedienpult abschwenkbar | 240,00 | 256,80 | 240,00 | 256,80 |
Bedienpult G550 mit Display | 120,00 | 128,40 | ||
4 Zurrösen | 135,00 | 144,45 | 135,00 | 144,45 |
Schiebegriff | Serie | Serie | ||
Haltegurt | 149,00 | 159,43 | 149,00 | 159,43 |
Summe | 19.388,00 | 20.745,16 | 11.944,00 | 12.780,08 |

Der Sitz
Aufbau, Ausstattung
Unser Rolli ist mit dem Comfort-Sitz ausgestattet. Bei diesem Sitz ist die Sperrholzträgerplatte für das Sitzkissen im Pobereich ausgeschnitten und mit Riemen versehen. Das trägt dazu bei, dass der Sitz in der Lage ist, kleinere Schläge, die von Unebenheiten im Fahrbahn Belag her rühren, besser zu absorbieren.
Zudem wartet der Sitz mit einigen Besonderheiten auf, die leider alle aufpreispflichtig sind (siehe Tabelle oben):
- Sitzfederung (Riemenbespannung im Pobereich)
- anatomischer Rücken
- Elektrische Sitzkantelung (Verstellbereich 27º)
- Elektrischer Sitzlift (Hubhöhe 29cm)
bei Kantelungsstellung 0 ist dann die OK Polster ca. 82cm über dem Boden. Diese Höhe variiert, abhängig von den Grundeinstellungen des Sitzes und der Radgrössen. - Rückenlehnenneigung elektrisch verstellbar (Verstellbereich mechanisch/ elektrisch: 12º / 60º)
- „mitlaufender Rücken“
um die verschiedenen Drehpunkte von Rückenlehne und Nutzerrücken auszugleichen, wird die Lage der Rückenlehne beim Neigen der Lehne mit dem Rücken des Nutzers mitgeführt. (so zieht es einem nicht das Hemd aus der Hose) - Armlehen passen sich der Rückenverstellung an
neigt man die Rückenlehne nach hinten, so bewegen sich die mit der Rückenlehne verbundenen Armlehnen mit. - Armpolster um ca. 11cm nach hinten verschiebbar
Dieses praktische Feature schafft ca. 9cm zusätzlichen Raum zwischen der Armlehnkonstruktion und dem zu unterfahrendem Tisch. Die Armpolsterung wird nach dem Lösen der Feststellschraube durch einen Gummizug wieder nach vorne gezogen. - Abschwenk-und absenkbare Steuerpulthalterung.
Unerlässlich zum Unterfahren von Tischen. Die Halterung ist so konstruiert, dass sie beim zur Seite schwenken, gleichzeitig um ca. 7cm nach unten abtaucht.

Design, Mensch und Maschine
Während Sitzkantelung und Lift sehr aufgeräumt und unauffällig unter dem Sitz verschwinden, ist die Armlehnen Konstruktion über die Maßen derb ausgefallen.

Zunächst erschien uns das Gewirr von Gestängen unüberschaubar. Erst bei genauerem Studium kamen wir nach und nach dahinter, welches Gestänge welche Aufgabe erfüllt. (Abb. rechts)
Wir möchten zudem zu Bedenken geben, dass der maschinenhafte Charakter solcher zwar gut anpassbarer, aber unzureichend gestalteter Sitze, dem darin befindlichen Menschen immer auch etwas seiner Würde nimmt. Hier wirkt der Passagier schnell als ein in das Fahrzeug eingespannter Dummy, der schon einen Teil seiner Souveränität an die Maschine abgegeben hat. Der Mechanismus scheint ihn fest im Griff zu haben.
Es ist nicht allein damit getan, technische Lösungen zu finden, die den verschiedenen Anforderungen gerecht werden, sondern es bedarf auch einer entsprechenden Gestaltung des technischen Konstrukts, um dem Nutzer gerecht zu werden. Diesen Umstand bemängeln wir immer wieder. Er scheint ein branchenspezifisches Problem zu sein und keinesfalls ein Alleinstellungsmerkmal unseres VIVA Plus.


Funktionen
In Normalposition ist die Armlehnenstütze über einen „Schnappmechanismus“ am Sitzrahmen eingerastet. Wenn man es mit erheblichem Kraftaufwand geschafft hat, die Armlehne aus der eingerasteten Position zu lösen (hierzu muss eine Kraft von mehr als 9kg aufgewendet werden!), ist man erstaunt, wie schwer die Lehne, insbesondere die mit dem Steuerteil, ist. Hat man das Ding dann hochgewuchtet (notwendige Kraft zum Hochheben: mehr als 7kg!), stellt man fest, dass sie in keiner Position hält! Sie fällt entweder in die Ausgangsposition zurück, oder, hat man die Armlehne über die Senkrechte hinaus nach hinten gekippt, fällt sie nach hinten um. Der Fall wird dabei sinniger Weise durch die Elektrokabel gebremst, die dabei tüchtig überdehnt werden. Kabelbruch ist hier vorprogrammiert.

Bei unserem Testrolli wurde die auf die Kabel wirkenden Zugkräfte beim Hochklappen der Armlehne (nicht das nach hinten Umfallen lassen!) so groß, dass das Steuerkabel aus dem Bedienelement heraus gezogen wurde. Nun war der ganze Rolli lahm gelegt! Da der Steckkontakt unter einer Abdeckung verborgen liegt, hat es eine ganze Weile gedauert, bis wir den Fehler fanden. Ein weniger erfahrener Nutzer würde in so einem Fall den Kundendienst verständigen und entsprechend lange ohne E-Rolli auskommen müssen. Solche Detaillösungen sind nicht nur schlecht, sondern auch sehr ärgerlich und sehr unnötig!
Die Entwickler bei SKS Rehab haben sich einige Gedanken gemacht, wie man mit dem Rolli möglichst nahe an einen Tisch heranfahren kann und dazu einen Abschwenkmechanismus gebaut, der das Bedienteil nicht nur seitlich nach hinten wegschwenken lässt, sondern es zudem auch noch um ca. 9 cm absenkt. Sehr gut!

Kommt man nun immer noch nicht nahe genug an den Tisch heran, bietet die bei unserem Modell verbaute Armlehne die Möglichkeit, das auf einem Schlitten montierte Armpolster mitsamt dem Steuerteil um weitere 11cm nach hinten zu bewegen. Dabei gewinnt man dann zusätzlich ca. 9cm „Luft“ zwischen der Oberkante Armlehne und Unterkante des Tisches. Jetzt sollte man mit dem Bauch an die Tischkante heran gerückt sein. Prima!
Leider hat die ganze Sache einige gravierende Schönheitsfehler:
- Der extrem „solide“ gebaute Abschwenkmechanismus (hier wurden Flachstahle von 6 bis 10mm Stärke verbaut!) macht die ohnehin schon zu schwer geratene Armlehenkonstruktion noch einmal deutlich schwerer. (Wieder ein typischer Fall für das von uns immer wieder kritisierte „Betriebsschlosserdesign“! )
- zudem ist er nicht abgedeckt, so dass man in den Mechanismus hineingreifen und sich ordentlich die Pfoten (ab-) zwicken kann.
- Zum Abschwenken des Bedienteils ist ein erheblicher Kraftaufwand erforderlich. Durch das Lockern der Schrauben, die das Parallelogramm zusammen halten, kann man zwar den notwendigen Kraftaufwand verreingern, das hat aber zur Folge, dass der Mechanismus an Stabilität verliert.

- Will man das Armpolster verschieben, muss eine Feststellschraube gelöst werden, die schlecht erreichbar angebracht ist. Zudem sind zum Bedienen beide Hände nötig, da ein Gummizug den Schlitten mit dem Polster in die Ausgangsposition zurück zieht. Man muss also mit einer Hand das nach hinten geschobene Polster festhalten und mit der anderen die dann schlecht erreichbare Feststellschraube wieder anziehen. Für einen gesunden Menschen kein Problem, bei Menschen mit eingeschränkten motorischen Fähigkeiten eine echte Herausforderung! Nicht gut gelöst!
Uns scheint der aufwendige Mechanismus der Klapplehne nicht sehr ausgereift. Insbesondere scheint der zum Hochklappen der Armlehen erforderliche Kraftaufwand gerade für Muskelschwundpatienten, an die sich die Firma SKS-Rehab mit dem VIVA besonders wendet, eine kaum zu schaffende Hürde!

Sehr gut gefällt uns die Konstruktion des Sitzliftes, die ohne gefährliche Scherengitter auskommt. Der ganze Hubmechanismus befindet sich wohl geordnet in einer Teleskopsäule. Kompakt und stabil! Sehr gut! Die Sitzkantelung arbeitet unauffällig und kommt ebenfalls ohne weitere Scherenmechanismen aus. Allerdings könnte man hier zum Schutz neugieriger Kinderfinger noch eine Gummilippe anbringen, die verhindert dass man in den Mechanismus greifen kann.
Unser Rolli ist mit Standardfußstützen und winkelverstellbaren Fußbrettern ausgestattet. Sie sind abschwenkbar und abnehmbar. Allerdings sind sie nicht gerade Leichtgewichte. (je 2kg).
Gut gefällt uns, dass man die Fußstützen mit hochgeklappten Trittbrettern um ca.180º nach hinten drehen kann, wo sie dann flach am Rolli anliegen und ihn nur unwesentlich breiter machen. Dies kann bei sehr engen Raumverhältnissen ein entscheidender Vorteil sein. (z.B. kleine Aufzugkabinen). Auch gut gelöst finden wir die Längenverstellung der Beinstützen, die über einen innenliegenden Konus erreicht wird, so dass es an den Beinstützen keine außen liegenden Stellschrauben gibt. (Strumpfhosenkiller)
Trotz der vielen Verstellmöglichkeiten empfinden wir die technischen und gestalterischen Lösungen als wenig geglückt. Nicht nur, dass das Gewirr von Gestängen und Kabeln nicht schön aussieht, wir halten die ganze Konstruktion für zu schwer und überdies ist sie auch noch schlecht zu bedienen.
Fahrwerk
Chassis, Aufbau

Das Fahrwerk beruht auf einem konventionellen Rohrrahmen an dem die gefederten Hinterradschwingen befestigt sind. Die hervorragenden Merkmale dieses Fahrwerks sind der extrem kurze Radstand und die geringe Spurbreite.
Wir haben bei unserem Testfahrzeug eine Länge von sagenhaften 64cm gemessen (ohne Fußstützen und mit eingeklappten hinteren Stützrädern). Die größte Breite hat unser Rolli mit 62 cm im Bereich der Vorderradgabeln.
Trotz (oder gerade wegen?) der beengten Verhältnisse macht das Chassis einen sehr aufgeräumten Eindruck. Sehr schön!

Die Federung wird von SKS-Rehab als „stufenlos einstellbar“ beschrieben, was leicht missverständlich ist. Einstellbar ist lediglich die Federvorspannung, die man mit zunehmendem Nutzgewicht erhöht. Das führt zu einer Verkürzung des mit ca. 2,5cm ohnehin knappen Federwegs. Eine wirksamere Abstimmung auf das Nutzgewicht lässt sich nur über den Einbau verschieden „harter“ Federn erreichen. Dies ist bei dem VIVA möglich. SKS-Rehab bietet Federn für 2 Gewichtsklassen an. (bis 80kg, über 80kg)
Dass man bei den verbauten Feder-/Dämpferelementen sogar die Zugstufe einstellen kann, halten wir für nett, aber wenig bedeutsam.
Doch genug der grauen Theorie, jetzt geht’s raus auf die Piste!
Fahrverhalten

Noch sind wir aber in der Wohnung!
Neugierig manövrieren wir den Rolli in die kleinsten Ecken, wenden an Stellen, wo man mit manch anderem Rolli nicht mal hinkommen würde (wir übertreiben ein bisschen!) und fahren an die niedrigsten Tische heran. Das alles geht unglaublich gut. Der Rolli ist wirklich ein extrem wendiger Winzling. (ein blaues Wunder!) Der Sitzlift bringt uns in schwindelnde Höhen (wieder übertrieben!) und dieser Position lässt sich der Rolli immer noch fahren! Zur Sicherheit nur mit reduzierter Höchstgeschwindigkeit, aber so weit oben ist einem sowieso unheimlich, da will man’s gar nicht schneller.
Obwohl nun der Schwerpunkt extrem weit nach oben gewandert ist, besteht der Rolli unseren hauseigenen „Elchtest“ problemlos: Er lässt sich, wie auf dem Foto zu sehen, nicht aus dem Gleichgewicht bringen. Er gibt lediglich in den Federn ein wenig nach, so dass das Fahrzeug leicht schräg, aber immer noch sicher und mit allen Rädern fest auf dem Boden steht.
Nach dieser „Spielerei“ geht es ab in den Aufzug. Hier kommt gleich die nächste Besonderheit dieses Rollis zum Tragen: Man kann die Lenkräder in gerader Position blockieren, und wie auf Schienen in den Aufzug hinein und wieder heraus fahren. Kein Herumgeeiere mehr bei dem Versuch geradeaus rückwärts zu fahren! Super!

Die Blockierung der Lenkräder funktioniert bei unserem Model elektrisch, per Knopfdruck. Dabei blockiert ein Bolzen, der in eine Öse greift, die Lenkräder. Der Antrieb hierzu findet sich in einem kleinen Kästchen vor dem Gabellager.
Leider ist dieser schlichte elektrische Mechanismus mit über 1200,-€ (incl.MwSt.) unglaublich teuer. Wir haben diesen Mechanismus deshalb für unsere Kaum-Zu-Toppen-Hitliste vorgemerkt.
Zum Glück gibt es ihn aber auch etwas preisgünstiger, als manuell zu bedienende Sperre.(knapp 190,00€ incl. MwSt.)
Endlich draußen, aktivieren wir die schnellste Fahrstufe und ab geht’s mit 10 km/h (Standard 6km/h, Hockey-Version 13km/h) neuen Abenteuern entgegen.
Im normalen, städtischen Fahrbetrieb, auf den mit Versprüngen reichlich bestückten Bürgersteigpflaster, sind wir angesichts der Minifederwege und des sehr kurzen Radstandes doch überrascht, wie gut der Rolli kleine Unebenheiten absorbiert. Hierzu trägt sicher auch die Riemenbespannung im Pobereich des Comfort-Sitzes bei.
Mit Kopfsteinpflaster oder anderen gröberen Unebenheiten tut sich unser Flitzer jedoch schwer. Da wird man dann doch gut durchgeschüttelt. Fairerweise muss gesagt sein, dass unser Rolli mit pannensicheren PU-Reifen ausgestattet ist. Diese sind deutlich weniger in der Lage Stöße zu schlucken, als dies die standardmäßige Luftbereifung (mit Slime-Pannenschutz) wäre.

Die werksseitig angegebene Hindernishöhe von 6 cm überwindet der Viva anstandslos und überraschend weich, trotz der härteren PU-Bereifung und den kleinen, 230 x 60 Vorderrädern. (wahlweise auch als 260 x 85 erhältlich) Allerdings muss man dazu via Sitzkantelung oder Lift die Fußbretter etwas nach oben bringen, weil man sonst mit ihnen gegen den Bordstein stößt. Zu Bedenken ist auch, dass unser Testfahrer mit seinen 65kg nicht gerade ein Schwergewicht ist, was die Hindernisüberwindung natürlich leichter macht.
Beim Herunterfahren von Bordsteinkanten sollte man größte Vorsicht walten lassen, da der Rolli sich wegen des kurzen Radstands sehr steil nach vorne neigt, so dass man sich wie auf der gekippten Ladefläche eines Lastwagens fühlt. Auch hier: Kantelung leicht nach hinten neigen, sonst setzten die Fußbretter auf. (Foto)
Der VIVA ist also definitiv kein "Offroad"-Fahrzeug, aber auf normalen Bürgersteigen macht das Fahren eine Menge Spaß. Im Kaufhaus kann man endlich zwischen den viel zu eng gestellten Kleiderständern durchfahren und muss sich die Klamotten nicht mehr nur aus der Ferne ansehen und im Supermarkt stellt das Passieren der engen Kassenschleusen auch kein Hindernis mehr dar!
Antrieb
Der Rolli wird von konventionellen Elektromotoren der Schweizer Firma Micromot angetrieben. Die Motor-/ Getriebe-Kombination wirkt bei weitem nicht so klobig, wie die üblichen Standard-Antriebe.
Für sportliche Zwecke kann Höchstgeschwindigkeit auf bis zu 13km/h programmiert werden. (Es sind Aufrüst-Kits für Rollstuhlhockey erhältlich.)
Elektrik und Servicefreundlichkeit
Ladeanschluss, Steuerelektronik

Unser Rolli ist mit einer Dynamics Steuerung ausgestattet, die in der Bedienung keine Probleme bereitet. Teil unserer Sonderausstattung ist das Bedienteil mit Farbdisplay (DX2 REM 550). Über ein übersichtliches Menü kommt man schnell und problemlos in die verschiedenen Modi, um die diversen Stellmotoren zu bedienen. Ob allerdings das Farbdisplay den Aufpreis von 120,00 € (+MwSt) wert ist, ist Geschmackssache. Wirkliche Vorteile bringt es nicht.
Leider fehlt auch bei der Luxusversion der Dynamics Steuerung ein Tachometer mit Wegstreckenzähler. (Tageskilometerzähler). Uns ist es völlig unverständlich, wieso Rollstuhl- und Steuerelektronikhersteller davon auszugehen scheinen, dass so ein Kilometerzähler unnötiger Luxus sei, auf den man getrost verzichten kann. Im Gegenzug, sozusagen zum Ausgleich, kann man sich auf die Batterieladezustandsanzeige nur eingeschränkt verlassen.
Laut SKS-Rehab soll der Rolli mindestens 30 km weit fahren, bevor die Batterienn schlapp machen. Tatsächlich dürfte es deutlich weniger sein, da, wie bei allen Herstellern, die Reichweiten unter optimalen Bedingungen ermittelt werden, die mit der täglichen Praxis wenig gemein haben.

Das Ladegerät hat einen festen Platz an Bord (unter dem Sitz) und arbeitet so gut wie lautlos. Das ist sehr schön, wenn man den Rolli im Schlafzimmer über Nacht aufladen möchte, was ja wegen der nicht ausgasenden Gelbatterien problemlos möglich ist.
Unverständlicherweise gibt es keine Vorrichtung das Netzanschlusskabel vernünftig aufzurollen. Man muß es irgendwie an einem der vielen Rohre des Rollis festknoten.
Jeder Billigstaubsauer hat eine automatische Kabelaufwicklung „onboard“ oder wenigstens eine Vorrichtung, um die man das Kabel aufwickeln kann. Nicht so unser 21.000,- Euro Rolli!
Wem das Kabelgebimsele zu doof ist, der kann statt des serienmäßig eingebauten, ein externes Ladegerät ordern. Das kostet dann knapp 180,00 Euro extra. Wohl gemerkt: statt! - nicht etwa zusätzlich! Wer solche Preispolitik nachvollziehen kann, der möge uns bitte davon unterrichten.
Beleuchtung
Unser Rolli ist mit „Beleuchtungsanlage und straßentauglicher Ausrüstung“ ausgestattet. Unter "straßentauglicher Ausrüstung" versteht SKS-Rehab die vier Kotflügel. Die Beleuchtungsanlage ist mit herkömmlichen Glühbirnchen (hinten 24V, Vorne 12V warum nur?) versehen.
Batteriezugänglichkeit

Serienmäßig sind 2 12V Gel-Batterien mit 40Ah verbaut.
Wie bei allen unseren Testrollis wollen wir sehen, wie es um den Batterieausbau bestellt ist. Und hier entdecken wir gleich eine ziemlich schöne Lösung:
Die Batteriewanne sitzt auf einem Schlitten (ähnlich einem Schubladenbeschlag) und lässt sich nach dem Betätigen eines Entriegelungsknopfes ohne besonderen Kraftaufwand, einfach nach hinten herausziehen. Nun löst man die zwei etwas itzelig geratene Entriegelungen der Batterieabdeckung, die sich dann schräg nach hinten, oben abziehen lässt. Nun liegen die Batterien gut zugänglich vor einem.
So prima, wie die Sache auf den ersten Blick wirkt, so ärgerlich erweisen sich die Detaillösungen:
- Zum Entriegeln des Deckels braucht man einen Schraubenzieher, obwohl man die Riegel mit nur einer viertel Drehung öffnen, bzw. verschließen kann. Ein entsprechend gestalteter Schraubenkopf (Rändelschraube, o.ä.) und man käme werkzeugfrei an die Batterien, aber vor allem an die Hauptsicherung!
- Das Verriegeln mit den winzigen Knebelschrauben gestaltet sich bei unserem Rolli als schwierig. Die Verriegelung hält nicht richtig und geht selbstständig auf. (ausgeleiert?)
- Die Hauptsicherung ist in einer fliegenden Schutzhülle untergebracht und recht provisorisch in die Lücke zwischen den beiden Batterien gestopft.
- Genauso lieblos sind die Steckverbindungen für die Stromzufuhr der Rücklichter links und rechts in den schmalen Spalt zwischen Batteriebox und Batterie gestopft.
Das bräuchte einen weiter nicht stören, würden sich diese Kabel nicht beim Einbau der Batterie als recht störend erweisen. Gibt man nicht Acht, bleibt die Batterie beim Einbau an diesen Kabeln hängen und schert sie im schlimmsten Fall ab.
Aber erst mal die Batterie ausbauen. Da der Platz in der Wanne extrem knapp bemessen ist, kann man die Batterien nicht seitlich oder von unten mit den Händen packen. Sie sind nur von oben zugänglich. Deshalb hat man ihnen eine 3cm breite „Bauchbinde“ verpasst, an der man die Batterien nach ober herausheben soll.

Das Problem ist, dass der nur 3cm breite Riemen zu schmal und zudem in seiner Lage nicht fixiert ist. Das hat zur Folge, dass beim Herausheben der Batterie, diese aus dem Riemen herauskippen kann (und tut!) und die beschriebenen Kabel dabei beschädigen kann. Überdies wird man sich beim Versuch die herausrutschende Batterie zu fangen, die Finger mächtig zwischen Batterie und Batteriewanne einzwicken. Beim Einbau hat man natürlich die gleichen Probleme.
Alles in allem, auch hier ist die Sache nicht zu Ende gedacht. Abhilfe würde schon deutlich breitere Riemen schaffen, in denen die Batterien besseren Halt fänden.
Auch halten wir die unzugängliche Lage der Hauptsicherung für Überdenkens wert.
Transport und Schiebebetrieb
Die Entriegelung für die Motoren liegt auf der Rückseite des Fahrzeugs. Sie ist zwar schön in den Rahmen integriert, hat aber den Nachteil, dass sie nicht aus dem Sitz heraus bedienbar ist. (siehe Foto oben bei "Chassis, Aufbau")
Unser kleines blaues Platzwunder schreit geradezu danach im PKW mitgenommen zu werden. Dummerweise ergeben sich trotz der Kompaktheit beim Verladen in einen normalen Kombi Probleme mit der Höhe des Rollstuhls.
Was nutzt uns die ganze Kompaktheit des Rollis, wenn wir die Rückenlehne nicht umklappen können und deshalb den Rolli nicht ins Auto bekommen? Wieder ein Detail, das nicht zu Ende gedacht wurde und die potentiellen Vorzüge unseres kleinen Rollis prompt wieder zu Nichte machen.
Bei unserem Rolli sind auf beiden Seiten je vorne und hinten optional erhältliche Zurrösen angebaut. Auch hier wieder unsere Standard-Kritik: Warum sind wesentliche Elemente, wie Zurrösen nicht serienmäßig verbaut? Es ist ja nicht gerade ungewöhnlich, einen E-Rolli auch mal in einem KFZ transportieren zu wollen!
Produktdarstellung
Leider sind die für den gewöhnlichen Verbraucher erhältlichen Unterlagen wenig aussagekräftig. Aber auch die Unterlagen, die uns von SKS zur Verfügung gestellt wurden (Bedienungsanleitung, Bestell-/ Konfigurationsbogen), ließen manche Fragen offen. Kein Problem, wenn man einen Ansprechpartner hat, der einem hilft, offene Fragen zu klären. Unangenehm, wenn das nicht der Fall ist.
Nach anfänglich sehr freundlicher Beratung, ließ das Engagement unseres SKS-Rehab Vertreters schnell nach, nachdem sich abzeichnete, dass wir doch den einen oder anderen Punkt zu kritisieren hatten.
Schade, fragt man sich doch, was wohl wäre, wenn man als Verbraucher tatsächlich ein Problem mit einem SKS-Rolli hat. Vor allem, wenn er schon bezahlt ist...
Fazit
Der VIVA Plus ist ein extrem kompakter Rolli für den Innen- und Außenbereich, wobei der Schwerpunkt der Nutzung eher auf dem Innenbereich liegen sollte. Er ist gut anpassbar und wird vom Hersteller als besonders geeignet für Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen beschrieben.
Was uns nicht gefallen hat, sind die nicht zu Ende gedachten Ausstattungsdetails, die die potentiellen Möglichkeiten des VIVA zunichte machen.
Was hilft einem eine abschwenkbare Steuereinheit, wenn sie so schwergängig ist, dass sie sich nicht bedienen lässt? Was bringt eine hochklappbare Armstütze, die wegen ihres enormen Gewichts kaum hochzuklappen ist und einem, hat man's doch geschafft, beim Umsetzen ins Kreuz kracht? Oder die gute und leichtgängige Lösung für die herausziehbare Batteriewanne, wenn der Batteriewechsel wegen Kleinigkeiten doch noch zu einem, u.U. wieder schmerzhaften, Problem wird?
Bei einem derart hochpreisigem Produkt sollten solche Fehler nicht auftreten!
Wir glauben aber, dass SKS-Rehab die genannten Kritikpunkte größtenteils ohne wesentliche Eingriffe in die Konstruktion lösen könnte.
Ansonsten hatten wir viel Spaß mit dem kleinen Flitzer.
Er besticht durch seine unglaubliche Kompaktheit und der damit einher gehenden Wendigkeit. Mit dem VIVA ist man bei beengten Verhältnissen noch mobil, wo man sich mit anderen Rollis schon längst festgefahren hat. Das ist wirklich sehr beeindruckend.
Natürlich bringen der kurze Radstand und die schmale Spur auch Einschränkungen bei der Nutzung im Außenbereich mit sich. Trotzdem ist der Fahrkomfort draußen noch erstaunlich hoch.
Für diejenigen, die den ganzen Tag im Rolli sitzen, ihn auf der Arbeit und zuhause nutzen und damit gelegentlich mal einen Ausflug machen wollen, scheint uns der VIVA plus ein geeigneter Kandidat zu sein. Besonders in beengten Verhältnissen kommen seine Qualitäten zum Tragen.
Diejenigen, die jeden Tag mit ihrem Hund Gassi gehen/ fahren wollen und dabei auch mal über ein Stück Wiese oder durch leichtes „Offroad-Gelände“ brettern wollen, ist der VIVA weniger geeignet.
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