Sunrise Medical, Quickie Salsa M
komplett und wendig
Vorwort

Unter dem Dach des US amerikanischen Konzerns Sunrise Medical versammeln sich eine ganze Anzahl ehemals eigenständiger Hersteller. So auch der amerikanische Elektrorollstuhlhersteller „Quickie“ und der deutsche Hersteller „SOPUR“ (man. Rollstühle), in dessen Werk im badischen Malsch bei Heidelberg unser Testmodell hergestellt wurde.
Der Quickie Salsa M wurde gemeinsam von amerikanischen und europäischen Entwicklern entworfen und wird mit geringen, den jeweiligen länderspezifischen Vorlieben entsprechenden Abweichungen, weltweit angeboten.
Der erste Eindruck
Wer den Salsa M nur von Abbildungen kennt, wird überrascht sein, wie kompakt und fast zierlich dieser Rolli daherkommt. Was einem sofort auffällt, ist der in Deutschland kaum verbreitete „Mittelradantrieb“. Der lenkt den Blick dann weiter auf die vorderen und hinteren Schwingen für die Stützräder und man ist erneut überrascht über die ansprechende Ausführung und Gestaltung dieser Schwingen. Sie verleihen dem schlanken Rolli zusammen mit der gelungenen Fahrwerksabdeckung ein fast elegantes Äußeres.
Die Ausstattung
In der nachfolgenden Tabelle haben wir zur besseren Vergleichbarkeit neben der Ausstattung unseres Testrollis auch eine Ausstattung in der üblichen "ROLLSTUHLCHECK-Konfiguration" angegeben.
Salsa M Testmodell | Salsa M Vergleichsmodell | |||
---|---|---|---|---|
Position | Netto [€] | incl.MwSt [€] | Netto [€] | incl.MwSt [€] |
Basismodell | 6.307,00 | 6,748,49 | 6.307,00 | 6,748,49 |
Mehrkosten für 10 km/h incl. Warndreieck |
745,00 | 797,15 | 745,00 | 797,15 |
Sitzkissen Jay Easy Fluid | 427,00 | 456,89 | --- | --- |
Sitzkissen Jay Soft Combi P | --- | --- | 169,00 | 0,00 |
Komfort Rücken (anatomosch geformt) | --- | --- | 349,00 | 373,43 |
Armlehnen hochklappbar | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Kleiderschutz | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Sitzkantelung elektrisch (30º) | 1.150,00 | 1.230,50 | 1.150,00 | 1.230,50 |
Wadenpolster | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Fußplatten winkelverstellbar | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Kotflügel Antriebsrad | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Bedienpult abschwenkbar | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Bedienpult R-Net (LED) | 1.070,00 | 1.144,90 | --- | --- |
Bedienpult VR2 60A | --- | --- | 0,00 | 0,00 |
Batterie 51Ah /20h | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Ladegerät 8A | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Beleuchtung) | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Schiebegriffe | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
4 Zurrösen | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Haltegurt | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
Summe | 9.699,00 | 10.377,93 | 8.720,00 | 9.330,40 |
Bei unserem Testmodell sind außer der 10km/h Version, der Sitzkantelung und einem speziellen Sitzkissen, keine weiteren Extras verbaut. Trotzdem ist der Rolli gut ausgestattet.
So gehören das abschwenkbare Steuerteil ebenso zur Serienausstattung wie beispielsweise klappbare Seitenlehnen, Kotflügel oder Beleuchtung.
Sunrise Medical bietet, neben den in den Bestellbögen aufgeführten Ausstattungsmerkmalen, im Rahmen des "Für mich gebaut" (FMG) Sonderbaus zahllose Möglichkeiten der Individuellen Konfiguration an.
Bei unserem Testrollstuhl ist beispielsweise die 10km/h Ausstattung eine Leistung des FMG Angebots. Es können aber z.B. auch Farbgebungswünsche oder spezielle Sitzanpassungen berücksichtigt werden.
Die Salsa Familie
Das Modelle "Salsa" (Antrieb wahlweise vorne, hinten oder mittig) werden unter der Typenbezeichnung "Quickie" für Erwachsene und unter der Typenbezeichnunf "Zippie" für Kinder angeboten.
Der Sitz
Aufbau

Die Grundkonstruktion des Sitzes kennen wir von vielen anderen Rollstühlen. Sie besteht aus einer in der Breite verstellbaren Sitzplatte (Brett) und einer Rückenlehne, zwischen deren Rohrrahmen einfache Riemen mit Klettverschlüssen gespannt sind, die es erlauben die Breite der Rückenlehne zu verändern.
Ergänzt wird der Sitz durch 2 ebenfalls serienmäßige Schiebegriffe und einem zusätzlichen Bügel, der der Aussteifung der Rückenlehne dient. Um den optional erhältlichen, ergonomischeren Rückenausführungen Platz zu bieten, ohne dabei an Sitztiefe zu verlieren, ist dieser Bügel recht raumgreifend ausgefallen.
Serienmäßig wird der Rolli mit den üblichen „Primitivst-Schaumstoffplatten im Säckchen“ als Sitzpolster und einer einfachen Schaumstoffpolsterung der Rückenriemen ausgeliefert.
Das Ganze verspricht wenig Komfort, aber wir wissen ja inzwischen, dass die Kategorie „Komfort“ für Rollstuhlfahrer nicht verfügbar ist.
Sitzkissen
Sunrise Medical hat wohl in Erwartung dieser Kritik den Sitz mit einem JAY Easy Fluid Sitzkissen ausgestattet, das deutlich mehr Halt und Sitzkomfort bietet.

Dieses Sitzkissen besteht aus geformtem Kaltschaum, der im Pobereich eine wannenförmige Vertiefung für ein zusätzliches Fluidkissen aufweist, das sich durch Belastung der Anatomie des Nutzers anpasst und somit zur besseren Druckentlastung beiträgt.
Das Fluidkissen steckt in einer innenseitig angebrachten Tasche des Sitzbezugs und ist dort mit Klettstreifen fixiert. Diese Lösung macht eine genaue Positionierung des Sitzkissens zu einer ziemlich fummeligen Angelegenheit, so dass die vorderen Ränder des Fluidkissens meist nicht in der dafür vorgesehenen wannenförmigen Vertiefung liegen, sondern auf der Sitzfläche des Kaltschaums, wo sie unangenehme Druckstellen bilden.
Der Sitzbezug selbst weist jede Menge Falten auf und gleicht eher einer Schutzhülle als einem Sitzbezug.
Der Preis von unglaublichen 456,89€ (Hersteller Listenpreis, incl. 7% MwSt.) für dieses Kissen lässt einen fassungslos nach Luft ringen und fragen: „Wofür?“
Für Berge von Falten, Druckstellen und gut 1,5kg Schaum?
Armlehnen

Die serienmäßig hochklappbaren Armlehnen haben von den Gestaltern einen schicken Schwung verpasst bekommen, der dem ganzen Rolli eine leicht dynamische Note verleiht.
Sie sind ohne hohen Kraftaufwand hoch zu klappen und machen einen stabilen Eindruck. Leider ist der seitliche Kleiderschutz nicht an der Armlehne befestigt, sondern mit einer leicht zu lösenden Klemmschraube am Sitzrahmen montiert.

Beim Umsetzen hat man nun statt des gelösten Problems „Wohin mit den Armstützen?“, ein neues Problem: „Wohin mit dem Kleiderschutz?“
Da er aber sehr flach und mit nur 300g sehr leicht ist, hält sich das Problem in Grenzen. Man kann den Kleiderschutz einfach zwischen Kissen und verbliebener Armlehne stopfen. Aber Vorsicht, nicht den Bezug aufschlitzen!
Rücken
Den Rücken empfinden wir als wenig brauchbar. Er ist unbequem und bietet keinen ausreichenden Seitenhalt. Die Rückenneigung kann nur umständlich mit Werkzeug verändert werden. Eine stufenlose elektrische Verstellung ist optional erhältlich.
Gut gefällt uns die Möglichkeit, die Rückenlehne durch das Lösen zweier Schrauben (werkzeugfrei) aus ihrer Halterung herausziehen zu können. Man kann die Lehne dann einfach auf den Sitz legen, so dass der Rolli zum Transport auch in einen Kombi passt. Auch hier könnte man sich eine optimalere Lösung vorstellen. (Klappmechanismus statt auseinanderbauen)
Abschwenkbares Bedienteil

Der Salsa M verfügt serienmäßig(!) über ein abschwenkbares Bedienteil. Das erleichtert das Heranfahren an Tische und macht so den Nutzern das Leben etwas leichter. Wir halten diese Abschwenkmechanismen für ein unbedingtes MUSS an einem Rolli und freuen uns, dass man das bei Sunrise Medical genauso zu sehen scheint.
Leider ist der Mechanismus nicht abgedeckt, so dass man selbst oder Dritte (Kleinkinder) in den Mechanismus hineingreifen und sich verletzen kann. Ebenso fänden wir es sinnvoll, das Bedienpult bei Nichtbenutzung über dem Sitz positionieren zu können, so dass es, gegen Rempler geschützt, nicht so leicht Schaden nimmt. (RollifahrerInnen wissen, geparkte Rollis stehen zuhause immer im Weg…)
Fußstützen
Der Salsa M ist standardmäßig mit einer zentralen Fußstütze, Wadenpelotten und großem Fußbrett ausgerüstet. Die Beinstütze ist längen-, aber leider nicht winkelverstellbar (Kniewinkel), das Fußbrett ist winkelverstellbar. Optional sind getrennte Beinstützen (auch winkelverstellbar) erhältlich.
Kantelung

Unser Demostuhl ist mit einer elektrischen Sitz Kantelung ausgestattet. Sie verfügt über einen Verstellbereich von 30° und wird über einen ebenfalls kaum geschützten Scherenmechanismus betrieben. Allerdings bietet Sunrise Medical optional einen Sicherheitsfaltenbalg an, der ähnlich dem Balg einer Ziehharmonika den Mechanismus abdeckt. Das Problem ist also bekannt.
Exkurs 1: Das leidige Sitz-Thema
Wir fragen uns immer wieder, warum es den Herstellern (nicht nur Sunrise Medical!) von Behindertenfahrzeugen ausgerechnet bei den Sitzen nicht gelingt, halbwegs ergonomische Standardsitze herzustellen.
Die meisten Standardsitze muten wie eine 40 Jahre alte Kreuzung aus Campingstuhl und Parkbank an. Eine aus dem Sitzen heraus verstellbare Rückenlehne, wie sie seit Urzeiten im Automobilbau Verwendung findet, scheint die Entwickler von Rollstuhlsitzen vor unlösbare Probleme zu stellen.
Die Mindestanforderungen des Arbeitsschutzes sorgen dafür, dass Sitz-Ungetüme, wie Rollstuhl-Standardsitze, weder auf Traktoren noch auf Kehrmaschinen oder anderen Arbeitsgeräten eingesetzt werden dürfen. Wenn diese Sitze für körperlich unversehrte Menschen ungeeignet sind, warum sollen sie dann für Menschen mit Behinderung geeignet sein? Und mehr noch: Warum werden solche Sitze speziell für Behinderte „entwickelt“? - Und was heißt hier überhaupt Entwicklung?
Campingstühle dieser Art gibt es schon seit Jahrzehnten!
Die Damen und Herren „Entwickler“ sollten sich mal so ein Ergonomie-Wunder für die kurze Fahrt zur Arbeit in ihr Auto bauen. Schon den Heimweg würden sie wahrscheinlich eher zu Fuß antreten, als sich so einen Sitz ein zweites Mal zuzumuten!
Hier besteht dringender Handlungsbedarf! Wohlgemerkt, -nicht nur bei Sunrise Medical!
Fahrwerk
Exkurs 2: Zur Problemstellung bei Mittelradantrieben
Ein Mittelradantrieb bringt naturgemäß einige Probleme mit sich:
- Die Antriebsräder verlieren Traktion, wenn Vorder- und Hinterräder sich auf leicht erhöhtem Terrain befinden. Z.B. bei der Querung einer kleinen Senke. (Skizze 1)
- Die Antriebsräder verlieren den Bodenkontakt, wenn die Vorderräder ein Hindernis hochsteigen. (Skizze 2)
Will man dies verhindern, müssen die vorderen und hinteren Radachsen nach oben beweglich sein. Dies führt aber gleich zu einem neuen Problem:
- Bei Bergabfahrten verlagert sich der Schwerpunkt des Rollis nach vorne. Bei steilen Bergabfahrten, verbunden mit einem plötzlichen Bremsmanöver könnte das dazu führen, dass der Rolli nach vorne kippt. Die vorderen Lenkräder müssen also den Rolli gegen Kippen nach vorne abstützen können und dürfen sich in diesem Fall nicht nach oben bewegen. (Skizze 3 und 4)




Die Stützräder müssen also je nach Fahrsituation mal Bewegungen nach oben ausführen können, mal muss diese Bewegung blockiert sein.


Konstruktion…
Diese Anforderungen wurden von den Technikern bei Sunrise Medical so gelöst, dass ein geeigneter Mechanismus die beweglichen Vorder- und Hinterradschwingen bei normaler Fahrt in Ihrer Bewegungsmöglichkeit nach oben blockiert und den Rolli so stabilisiert.
Erst wenn man die Vorderräder an einem Hindernis (Bordsteinkante) anstellt und dann „Gas“ gibt, sorgt das Drehmoment des Antriebs dafür, dass die ebenfalls beweglichen Antriebsradschwingen nach unten gedrückt werden und der Blockiermechanismus freigegeben wird, so dass sich die Vorderradschwingen nach oben bewegen können. Die Schwingen sind mechanisch so verbunden, dass die Aufwärtsbewegung der Vorderradschwingen die Hinterradschwingen ebenfalls nach oben bewegen. (und umgekehrt).
Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Antriebsräder, auch wenn der Rolli mit den Vorderrädern auf dem Hindernis steht, Bodenkontakt und somit Traktion haben.

2) Blockiermechanismus
3) Drehpunkt Vorderradschwinge
4) Verbindungshebel
5) Drehpunkt Hinterradschwinge
6) Radnabe

2) Blockiermechanismus
Federung
Die Federbeine haben einen für Rolli-Verhältnisse ungewöhnlich langen Federweg. Die Federung übernimmt 2 Aufgaben:
- Sie dämpft die Aufwärtsbewegung der Schwingen bei der Hindernisüberwindung. (Blockiermechanismus gibt die Aufwärtsbewegung frei)
- In der normalen Fahrsituation, bei aktivem Blockiermechanismus, ist dieser so eingestellt, dass er den Schwingen einen geringen Bewegungsspielraum lässt. Innerhalb dieses Spielraums ist die Federung wirksam.
Wir sind gespannt, wie sich die aufwendige Fahrwerkskonstruktion in der Praxis bewährt.
…und Praxis
Immer wieder wird in Zusammenhang mit Mittelradantrieben in den Produktbeschreibungen von „intuitivem Fahren“ geschrieben.
Bei unseren ersten vorsichtigen Fahrmanövern in der Wohnung stellen wir fest, dass die erwartete, intuitive Fahrzeugbeherrschung sich bei uns nicht einstellte. Das mag an unserem Testfahrer liegen, aber vermutlich gilt auch bei diesem Antriebskonzept: Übung macht den Meister.
Bei diesem Rollstuhltyp liegt der Drehpunkt des Fahrzeugs genau unter dem Po, so dass man auf der Stelle um die eigene Hochachse drehen kann. (ein Rad dreht vorwärts, das andere rückwärts) Wenn man sich erst mal mit der ungewohnten Lage des Drehpunktes und den Abmessungen des Rollis vertraut gemacht hat, ist dessen Wendigkeit beeindruckend: Wo mit anderen Rollis rangiert werden müsste, dreht dieser einfach auf der Stelle um. Da er zudem mit 64cm ( gemessen an den Scheinwerfern, ohne Scheinwerfer 60cm) sehr schmal ist, kommt man damit fast überall hin.
Bei der Fahrt zum Aufzug stellen wir uns noch etwas dämlich an und verpassen dem Türrahmen ein paar zusätzlich Schrammen. Das rückwärts Rangieren müssen wir noch üben. Auch stellten wir zu unserer nicht geringen Überraschung fest, dass wir sogar in der engen Aufzugskabine ohne Rangieren wenden können. Super!
Ohne weiteren Schaden anzurichten gelangen wir nach draußen, stellen die Fahrstufe an unserem Bedienpult auf Maximum und brettern los.
Der Salsa M geht flott zur Sache und gleich fällt auf, wie weich er die kleinen Höhenunterschiede zwischen den Gehwegplatten nimmt. Auch kleines und zugegebenermaßen recht intaktes Kopfsteinpflaster meistert die Federung gut. Den gesandeten, recht welligen Weg im nahen Park bewältigen wir auch bei „Vollgas“ ohne über die Maßen durchgeschüttelt zu werden. Für einen Rolli der zwar auch für den Einsatz im Außenbereich, jedoch schwerpunktmäßig für den Einsatz im Innenbereich gedacht ist, gefällt uns das Fahrverhalten sehr gut.
Die Grenzen der Federung werden uns aber beim Überqueren einer mit „Katzenkopfsteinpflaster“ belegten Straße aufgezeigt. Alle gröberen Versprünge (h>1.5cm) meldet der Rolli gnadenlos an den Popometer des Fahrers. Der Salsa M ist also definitiv kein „Offroader“. Wer also viel auf Holperstrecken unterwegs ist, sollte sich den größeren Bruder des Salsa M ansehen, den Jive M.


Unerwartet gut meisterte der kleine Rolli quer zur Fahrtrichtung verlaufende Abwasserrinnen. Wir befürchteten an diesen Stellen mit leer drehenden Antriebsrädern in Schwierigkeiten zu kommen. Diese Besorgnis erwies sich aber als unbegründet. Der Rolli meisterte die Rinnen (Tiefe ca. 4-5cm) ohne Probleme.
An Bordsteinkanten zeigt sich der Salsa M von zwei Seiten. Niedrige Kanten, bis etwa 5 bis 6 cm nimmt er überraschend weich. Man fährt an die Kante heran, "gibt Gas" und die Vorderradschwingen werden sanft nach oben gedrückt, so dass die Lenkräder das Hindernis überwinden können. Die großen Antriebsräder überwinden das Hindernis, wie erwartet, anstandslos. Das Ganze geht ungewöhnlich weich von statten. Toll!
Schwieriger wird es, wenn die Hindernisse höher werden. Medical Sunrise gibt als max. Hindernishöhe 7cm an. Wir scheiterten an einer Höhe von ca. 6,5 cm. Zwar stiegen die Vorderräder auch da schön das Hindernis hoch, jedoch waren die Antriebsräder dann zu sehr entlastet (der Rolli steht dann fast komplett auf den Vorder- und Hinterrädern), so dass sich nicht genügend Traktion aufbauen konnte, und die Räder sich leer durchdrehten.
Antrieb
Der Salsa M ist mit konventionellen 2pol-Motoren mit angeflanschtem Getriebeausgestattet und kann gegen einen Aufpreis von knapp 800,-€ (incl. MwSt.) als 10 km/h Version geliefert werden. (incl. Warndreieck).
Elektrik
Steuerelektronik
Der Quickie Salsa M ist standardmäßig mit einer 70A VR2 Steuerung des britischen Herstellers PG Drives Technology (früher Penny Giles) ausgestattet. Damit kann man ohne weitere Zusatzgeräte 2 Verstellmotoren ansteuern. (z.B. elt. Kantelung und elt. Rückenverstellung)
Für einen Aufpreis von 202,33€ ( incl. MwSt.) gibt es diese Steuerung auch in einer 90A Ausführung, die wir empfehlen würden, weil damit die Hindernisüberwindung besser funktioniert, da den Motoren mehr "Power" zur Verfügung gestellt wird.
Bei unserem Rolli ist eine optional erhältliche 90A „R-Net“ Steuerung mit R-Net LED Bedienteil verbaut (Aufpreis 1.144,90€ incl. MwSt.). Der wesentliche Unterschied zu der VR2 Standardsteuerung liegt in der flexibleren Erweiterbarkeit. Diese Steuerung kann in Verbindung mit einem Erweiterungsmodul max.6 Motoren ansteuern
Da unser Testrolli nur über einen einzigen Verstellmotor (Kantelung) verfügt, würde die deutlich preisgünstigere VR2 90A Steuerung völlig ausreichen.
Wer's luxuriöser haben will, und sich auf einem Farbdisplay Tempo und zurückgelegte Wegstrecke anzeigen lassen möchte, ordert das R-Net Bedienteil mit LCD (1.637,10€ incl. MwSt.). Das kann dann auch bis zu 12 zusätzlicher Verstellmotoren ansteuern. - Oder er baut sich, mit etwas bastlerischem Geschick, einen Fahrradtacho für weniger als 10€ an seinen Rolli.
Beleuchtung

Entsprechend der StVO ist unser Rolli serienmäßig mit einer Glühbirnchen-Beleuchtungsanlage ausgerüstet. Eine LED Beleuchtung ist optional erhältlich, aber leider trotz vieler Vorteile in Deutschland für Rollis, die schneller als 6km/h fahren können, immer noch nicht zulässig.
Die vordere Scheinwerfer / Blinker Kombination ist an einer wertig anmutenden Halterung angebracht, die im Kollisionsfalle nach hinten ausweichen kann und sich per Federkraft wieder in die Ausgangslage zurück stellt.
Leider ragt die ganze Konstruktion deutlich über die breiteste Stelle des Rollis heraus, so dass sie wegen dieser exponierten Lage recht gefährdet ist. Zudem wird die mögliche Ausweichbewegung durch die Kotflügel begrenzt, so dass der vorderen Beleuchtung kein langes Leben vergönnt sein dürfte.
Batterien
Serienmäßig sind geschlossene, wartungsfreie Gel-Batterien mit 51Ah (C/20) verbaut. Das 8A Ladegerät arbeitet lautlos und ist somit "schlafzimmergeeignet".
Servicefreundlichkeit
Batteriezugänglichkeit

Um die Batterien zu wechseln, klappt man den Sitz hoch und stützt ihn mit einer seitlich am Sitzrahmen fest geklippsten Haltestange ab. Anschließend hebelt man vorsichtig 6 Plastiknieten, die die Verkleidung halten, heraus und kann die Fahrwerks-/ Batterieabdeckung abheben. Das alles geht recht einfach, auch wenn die Plastiknieten einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck hinterließen. Werkzeugfrei zu bedienende Rändelschrauben würden uns hier besser gefallen.
Die Batterien sind nun sehr gut zugänglich und können an den Tragegurten herausgehoben werden. Die Tragegurte umschließen die Batterien sicher, so dass sie beim Herausheben und Transportieren nicht herausfallen können. Keine Selbstverständlichkeit, wie wir bei anderen Rollstühlen schmerzhaft feststellen mussten!


Transport und Schiebebetrieb
Unser Salsa M verfügt über separate Motorentriegelungen, die man im Rolli sitzend schlecht erreichen kann. Das ist dann ärgerlich, wenn man, schon im Rolli sitzend, bemerkt, dass sich der Rolli noch im „Schiebemodus“ befindet.
Beim Versuch den Rolli manuell zu bewegen, zeigt er sich von seiner bockigen Seite. Wir waren überrascht, wie widerwillig sich der kleine Rollstuhl gegen alle Versuche stemmte, ihn in eine bestimmte Richtung zu dirigieren.
In der Produktbeschreibung ist für die Minimal-Konfiguration ein Gewicht von 113kg angegeben. Rechnet man für die Kantelung (geschätzte) 15kg hinzu, kommt man auf ein Gesamtgewicht von ca. 130kg, was ein guter Durchschnittswert ist. Vermutlich ist das Schieben deshalb schwieriger, weil man 4 Lenkräder in die jeweilige Fahrtrichtung zu drücken hat.


Zum Transport im Auto kann man, wie oben schon erwähnt, die Rückenlehne nach dem Lösen zweier Klemmhebel aus ihrer Halterung nach oben herausziehen und sie flach auf den Sitz legen. Der Rolli ist dann nur noch ca. 80cm hoch (OK Joystick). Nimmt man das Bedienpult ab reduziert sich die Höhe auf ca. 73cm.
Sehr gut gefallen uns die 4 serienmäßigen Zurrösen, die ein sicheres Verzurren des Rollis im Auto erleichtern.
Der Quickie Salsa M wurde Crash getestet und erfüllt damit die Anforderungen nach ISO 7176-19 zum Transport von Personen im Rollstuhl sitzend im Fahrzeug.
Fazit
Der Salsa M hinterlässt einen guten Gesamteindruck, der jedoch durch die ungenügende Ergonomie des Standardsitzes nachhaltig getrübt wird. Das bei unserem Demorolli mitgelieferten JAY Kissen "Easy Fluid" verbesserte zwar die Ergonomie, trieb uns aber angesichts des Preises und der schlechten Verarbeitungsqualität die Zornesröte ins Gesicht.
Auch wenn dieser Preis das Vergnügen deutlich trübt, sehen wir in dem Salsa M einen gelungenen Rolli mit passablen Federungs- und Fahrteigenschaften, der durch seine Wendigkeit und gute Ausstattung und Verarbeitung zu überzeugen weiß.