Alber Adventure

Alber Adventure

schicker Shopper

Der erste Eindruck

Schon beim ersten Betrachten von Fotos fällt die Besonderheit des Adventure ins Auge: Er sieht klasse aus! Irgendwie gar nicht „rollstuhlhaft“!
Der aufwendige Farbprospekt verspricht zudem Fahrspaß ohne Ende und einige technische "Schmankerl".
Nun wird man als RollstuhlfahrerIn ja nicht gerade mit schickem Design oder gar technischen Feinheiten verwöhnt. Deshalb warteten wir besonders gespannt auf unser Testmodell. Würde der Rollstuhl die hohen Erwartungen, die der Prospekt hervorruft, erfüllen können?

 

Die Ausstattung

Und dann war er endlich da. Und auch in „echt“ sieht er toll aus! Man erkennt deutlich, dass hier sehr ernsthaft versucht wurde, einen stimmigen Entwurf zu entwickeln.

Unser Test-Adventure ist mit einigen Zusatzausstattungen versehen.
Die wichtigsten davon sind stärkere Motoren für die 12km/h Version, die elektrische Sitzkantelung und das abschwenkbare Steuerpult.

Wir haben zum besseren Vergleich auch eine Ausstattungsvariante in der "ROLLSTUHLCHECK Konfiguration" angegeben.

Hersteller Listenpreise vom 01.01.2011
 A10 (Testmodell)A10 (Vergleichsmodell)
PositionNetto [€]incl.MwSt [€]Netto [€]incl.MwSt [€]
Basismodell 10.400,00 11.128,00 10.400,00 11.128,00
Mehrkosten für 12km/h 400,00 428,00 400,00 428,00
Warndreieck 0,00 0,00 0,00 0,00
Armlehnen klapp-, abnehmbar 0,00 0,00 0,00 0,00
Sitzkantelung elektrisch 980,00 1.027,00 960,00 1.027,00
Peripherie-Modul 560,00 599,20 560,00 599,20
Bedienpult abschwenkbar 327,00 349,89 327,00 349,89
Handballenauflage 122,50 131,08 --- ---
Ladegerät 8A 0,00 0,00 0,00 0,00
externe Ladebuchse 85,00 90,95 --- ---
Beleuchtung 0,00 0,00 0,00 0,00
Schiebegriffe 115,00 123,05 115,00 123,05
Aufbockhilfe 0,00 0,00 0,00 0,00
Haltegurt 65,00 69,55 65,00 69,55
Seitentasche 98,00 104,86 --- ---
Kotflügel vorne 65,00 69,55 65,00 69,55
Kotflügel hinten 90,00 96,30 90,00 96,30
Summe 13.967,50 14.945,23 13.662,00 14.618,34
Nummernschildhalterung

Und hier sei gleich eine kleine, aber feine "Nebensächlichkeit" erwähnt:
Jeder in Deutschland zugelassene E-Rolli, der schneller als 6 km/h ist , braucht ein Versicherungskennzeichen.

Alle Hersteller wissen das, kaum einer bietet aber eine Vorrichtung zum Befestigen der Kennzeichen an. Insofern waren wir überrascht, als wir an unserem Adventure so eine Halterung serienmäßig vorfanden.

Die Preise für die Zusatzausstattungen bewegen sich branchenüblich jenseits von Gut und Böse und lassen einen wieder einmal nur ratlos den Kopf schütteln.
Beim Kampf um die Spitzenplätze in der „Kaum-zu-toppen-Preise“-Hitliste hat Alber eine gute Chance auf einen Platz ganz vorne, wenn auch das Gedrängel um die vordersten Plätze groß ist.
Allerdings scheint uns die Qualität von Material und Bearbeitung der Zusatzausstattungen bei unserem Adventure deutlich über dem Durchschnitt zu liegen.

 

Das Design

Modularer Aufbau

Betrachtet man die Linienführung des Adventures, so kann man sich schön die schwungvollen Linien der ersten Bleistiftskizzen vorstellen, die der menschlichen Anatomie folgend, einen S-förmigen Bogen für Sitz und Beinstützen beschreiben.

Alber hat den Adventure zusammen mit richtigen „Kennern“ erarbeitet. So wurde eine Design-Agentur für das "Styling" und "Porsche Engineering" für das Fahrwerk mit ins Boot geholt. In diesem Team wurde der Rolli dann von 2000 bis 2003 bis zur Produktionsreife entwickelt.

Das Resultat ist ein bei Rollis ungewohntes, ästhetisch ansprechendes Erscheinungsbild, eine bemerkenswerte Technik und überraschende Detaillösungen.
Alle Metallteile sind aus Aluminium gefertigt und machen einen hochwertigen Eindruck. Grobe Halbzeuge (industriell vorgefertigte Profile, wie z.B. Winkeleisen) sucht man an diesem Fahrzeug vergeblich.

Aber der Reihe nach:

Ein wesentliches Merkmal des Alber-Rollis ist sein modularer Aufbau. Der Rolli besteht aus den Modulen Fahrwerk, der Sitzeinheit mit Arm- und Fußstützen, den Antriebsrädern (mit Nabenmotoren), den Lenkrädern und dem Batterieset. Alles ist mit wenigen Handgriffen (werkzeugfrei) demontierbar. Dazu weiter unten mehr.

Gucken wir uns zunächst den Sitz an.

 

Der Sitz

Aluminium Unterkonstruktion Sitz

Alber bietet für seinen Adventure einen "Funktionssitz" genannten Standardsitz in 2 Breiten oder, gegen Aufpreis, verschiedene Recaro-Sitze an. Unser Rolli ist mit einem Funktionssitz (schmale Ausführung) mit zusätzlicher elektrischer Sitzkantelung ausgestattet.

Die Unterkonstruktion des Sitzes besteht aus einer gefrästen Aluminium-Tragstruktur. Hieran werden weitere Strukturelemente, wie Rückenlehne, Armlehnen, Fußstütze sowie einige optional erhältliche Zusatzausstattungen wie z.B. Gepäckträger oder Schiebegriffe, befestigt.
Die Trägerplatten (Sperrholz) für die Aufnahme der abnehmbaren und waschbaren (Maschine, 30°) Sitz- und Rücken- Polsterung sind ebenfalls auf dieser Struktur befestigt.
Die Rückenlehne lässt sich mit einem Handgriff entweder abnehmen, oder nach vorne umklappen. Das geht sehr einfach und ohne Werkzeug.

hochgeklappte Armlehne

Die Armlehnen können nach dem Entriegeln nach hinten oben geklappt werden oder auch komplett entfernt werden. Dazu muss man lediglich vorher die elektrischen Steckverbindungen zwischen Steuerpult und Base abziehen.

Armlehne entriegeln

Die Fußstütze entfernt man, indem man einen Entriegelungsknopf drückt, die Beinstütze hochklappt und nach vorne, oben aus der Tragstruktur heraus zieht.
Die verbliebene Sitzfläche kann nun mit einem Handgriff nach vorne hochgeklappt und aus dieser Stellung einfach von der Base abgenommen werden.

(Achtung: Kabelverbindungen unter dem Sitz abziehen)

Armlehne abnehmen
 
 
 
 

Das Demontage-Prinzip folgt immer den 3 Schritten:
Entriegeln, umklappen und abziehen.

 

Beim Zusammenbau rasten die Verriegelungen selbstständig ein, so dass man die Teile nur zusammenstecken muss.

Das funktioniert alles sehr gut und wenn man es 2x gemacht hat auch sehr schnell.

 
Beinstütze abnehmen
Sitzfläche abnehmen
Rückenlehne abnehmen
 

Bei aller Begeisterung für die pfiffige Lösung haben wir jedoch auch an diesem Sitzsystem einiges gefunden, was uns nicht gefällt:

Vor allem sind dies die ungenügenden Einstellmöglichkeiten der Rückenlehnen-Stellung. Sie ist nur mit Werkzeug zu verändern, was wir richtig ärgerlich finden. Bei einem so raffiniert konstruierten Sitz stellt sich die Frage, warum eine einfache, manuell verstellbare Neigung der Rückenlehne nicht realisiert wurde. In frühen Entwurf Skizzen war das mal vorgesehen. Jetzt muss man sich einen Recaro-Sitz montieren lassen, wenn man sich den Sitz von Zeit zu Zeit zurecht rücken möchte, um seine müden Knochen zu entlasten.

Verbesserungswürdig finden wir auch die Armlehnen Halterung. Zwar ist die Idee wunderbar, die Armlehne hochklappen und aus dieser Position abnehmen zu können. In der Praxis passiert es einem jedoch immer wieder, dass man die hochgeklappte Armlehne beim Umsetzen aus ihrer Halterung schubst, so dass sie letztendlich doch auf dem Boden liegt. (Was bei vielen anderen Herstellern die Standard-Lösung ist)
Hier wäre es wünschenswert, hätte die Armlehne auch in hochgeklappten Zustand etwas mehr Halt.

Zudem haben die Armlehnen auch in Normalposition reichlich Spiel in ihren Halterungen, was aber keine Auswirkung auf ihre Stabilität hat. Aber wackelige Bauteile sind halt doch ein Schönheitsfehler!

winziger Entriegelungsknopf für Armlehne

Der Entriegelungsknopf für die Armlehne ist arg „itzelig" geraten. Hier wäre ein griffigerer Knopf wünschenswert.  Auch seine Lage könnte optimaler gestaltet sein, so dass man die Lehne zum seitlichen Einsteigen ohne sich bücken zu müssen, entriegeln und hochklappen könnte.
Ein Entriegelungsknopf vorne unter der Armauflage wäre leichter zu erreichen. (Bowdenzug?)

Bei unserem Stuhl hatten sich die Schiebegriffe leicht gelockert, so dass sie beim Rangieren Spiel aufwiesen. Wegen der nicht unerheblichen Hebelkräfte, die auf die Schiebegriffbefestigung einwirken, sollte dort auf keinen Fall Spiel auftreten. Als wir die Griffe festschrauben wollten, fiel uns auf, dass man hier Stahlschrauben in Alugewinden befestigt. Eine schlechte Lösung, weil der härtere Stahl das Gewinde aus dem Alu herausziehen kann. Hier darf man also die Schrauben nur ganz sachte „festknallen".

Steuerpult

Die Wackelei verschont auch nicht das abschwenkbare Steuerpult. Es hat an seinen Befestigungspunkten Spiel, so dass es hin-und her schlackert.
Leider gehört das abschwenkbares Bedienelement, wie bei fast allen Herstellern üblich, nicht zur Standardausstattung. Warum RollstuhlfahrerInnen für Selbstverständlichkeiten, wie die Möglichkeit an Tische heranfahren zu können, extra zur Kasse gebeten werden, wird sich uns nie erschließen. (Mit der gleichen Logik könnte man auch die Lenkbarkeit eines Rollis extra berechnen!)
Bei einem Preis von knapp 350,- € kann man erwarten, dass so ein Bauteil wenigstens nicht wackelt! Immerhin ist der Abschwenkmechanismus gekapselt, so dass man sich nicht einzwicken kann. Das ist insofern bemerkenswert, als dass diese Selbstverständlichkeit bei den wenigsten Rollstuhlherstellern angekommen zu sein scheint.

 

Einen weiteren Kandidaten für die „Kaum-zu-toppen-Preise“-Hitliste haben wir in der zusätzlich montierten Handballenauflage entdeckt. Dieses schlichte Bauteil besteht aus einer Blechplatte als Träger, die von einem elastischen, gummiähnlichen Material umschlossen ist. Die Handballenauflage wird einfach an das Steuergerät geklippt und kostet stolze 131,-€! Da kann man nur noch staunen!

Man kann sich natürlich auch fragen, wieso das Steuerungsgehäuse nicht von vorne herein ergonomisch gestaltet wird?

Insgesamt macht das Bediengerät mit seiner klobigen Erscheinungsform nicht den Eindruck, als hätte man sich mit der Gestaltung besondere Mühe gegeben. Es scheint aus einem anderen "Stall" zu kommen, als der Rest des Stuhls.

Zusammenfassend müssen wir jedoch feststellen, dass unsere Mäkelei sich auf hohem Niveau bewegt und der Sitz ansonsten durch seine pfiffigen Detaillösungen und der feinen, materialgerechten Verarbeitung bei uns auf ungeteilte Begeisterung stieß.

Antrieb Sitzkantelung

Erwähnenswert finden wir die feine, fast filigrane Ausführung der Sitzkantelung, die dabei keineswegs instabil wirkt. Verglichen mit manch anderer Sitzkantelung, wirken Antrieb und Konstruktion fast wie das Werk eines Uhrmachers. (Wir neigen hier zur Übertreibung...)
Was uns besonders gefiel, ist dass durch die geschickte Konstruktion sich keine offen liegenden, scherenähnliche Bauteile ergeben, die für forschende Krabbelkinder und Haustiere zu einer gefährlichen Falle werden können. (Vorsicht ist dennoch geboten!)

Nimmt man erst mal Platz, fühlt man sich auf dem Sitz sofort wohl. Sitzfläche und Rückenlehne sind ergonomisch geformt und bieten guten Seitenhalt. Der ganze Sitz wirkt eher zierlich, was durch die verhältnismäßig dünne, „sportlich“ straffe Polsterung noch unterstützt wird.
Wir wollen sehen, wie sich der Sitz beim Fahren bewährt.

Das Fahrwerk

Zum Ein- und Aussteigen wäre es, je nach Behinderungsbild, wünschenswert, wenn man die zentrale Fußstütze abnehmen oder so wegklappen könnte, dass man sich unmittelbar vor den Sitz stellen könnte. Die Beinstützen des Adventure sind zwar abnehmbar, jedoch liegt der Entriegelungsknopf zu weit hinten unter dem Sitz, so dass er sehr schlecht zugänglich ist. Auch hier wäre eine ergonomischere Lösung wünschenswert. (siehe Foto weiter oben)

Nun sitzen wir aber und es kann losgehen.

Seitentasche

Zunächst freuen wir uns über die kleine Seitentasche, die an der Armlehne des Rollis angebracht ist. Sie taugt ideal für Geldbörse, Sonnenbrille, Haustürschlüssel und anderen Kleinkram. (Auch Getränkedosen passen rein!) Die Tasche ist mit allerlei Klettverbindungen sicher an einem extra Trägerblech, das unter die Armlehne geschraubt wird, verbunden. Diese Trägerblech gewährleistet eine stabil fixierte Lage des Täschchens, so dass man dessen Reißverschlüsse ohne Fummelei mit einer Hand bedienen kann. Leider kostet so ein ALBERnes Täschchen knapp 105,-€, was für ein bisschen Blech und Kunstfasergewebe recht happig ist.

Wir fragen uns bei jedem Elektrorolli immer wieder das Gleiche: Warum werden Ausstattungen, wie so ein Täschchen, nicht serienmäßig als Teil des Fahrzeugs und in soliderer Ausführung angeboten? Scheinbar stellt die Integration eines Staufachs in einen Rollstuhlsitz die Rollstuhl-Ingenieure vor technische Herausforderungen, die nicht zu bewältigen sind.
Oder stellt sich den "Entwicklern" so eine Frage gar nicht erst?

Zurück zu unserer Ausfahrt.
Geld und Schlüssel sind verstaut und die Steuerung auf "Indoor" geschaltet. Damit wird beim Steuern das kurveninnere Hinterrad abgebremst, im Gegensatz zum „Outdoor“-Modus, bei dem das kurvenäußere Rad beschleunigt wird. Diese unterschiedlichen Lenkmethoden sollen dazu beitragen, den Rolli indoor wendiger und outdoor spurstabiler machen.
Über einen Drehregler kann in beiden Modi die maximale Geschwindigkeit eingestellt werden.

Beim Fahren durch die Wohnung und dem Versuch in den Aufzug zu gelangen, krachte es erst einmal. Dieser Rolli ist trotz seines zierlichen Erscheinungsbilds ganz schön breit! Laut Hersteller 68cm. Das ist 3-5cm breiter als die meisten anderen E-Rollis. (sehr schmale E-Rollis haben eine Breite von ca. 60cm) Das scheint erst mal nicht viel zu sein, bei 75cm Türen merkt man die paar cm aber doch deutlich!

Beleuchtungsanlage

Bei diesen ersten Fahrversuchen ist man dann froh über die gut gelöste Platzierung der Beleuchtungsanlage. Sie ist gut geschützt unter dem Sitz angebracht. Nicht einmal die abstehenden Blinker ragen über die Räder hinaus. Zudem sind sie an einem stabilen Gummistrang befestigt, so dass sie sich wunderbar in alle Richtungen bewegen lassen, ohne dabei schlabbrig zu werden. Sehr gut!

 

Draußen geben wir Stoff und merken sofort, dass etwas ganz anders ist, als bei den sonstigen von uns gefahrenen E-Rollis:
Die Pflasterkanten im Bürgersteig sind weg!
Gut, - das ist gelogen, die Kanten sind natürlich noch da, aber man spürt sie in dem Adventure kaum noch!

Das wollen wir gleich näher untersuchen und düsen zu unserm gefürchteten, weil markerschütterndem Katzenkopfpflaster. Und siehe da, selbst dieses gemeinste aller wirbelfressenden Pflaster lässt sich mit dem A10 gut befahren.
Wir sind begeistert! Endlich eine Rollstuhlfederung, die diesen Namen auch verdient! Dabei ist das Fahrverhalten weder schwammig, noch neigt sich der Rolli beim Kurvenfahren zu sehr zur kurvenäußeren Seite.
Die Fahrt in dem Adventure ist ein wahres Vergnügen und wir sind regelrecht auf der Suche nach Holperstrecken. Nicht dass man sie nun gar nicht mehr bemerken würde, aber sie sind nun alle befahrbar. Das geht mit keinem uns bekannten E-Rolli so gut, wie mit dem A10.

Gehweg 1
Gehweg 3
Gehweg 2
 

Wenn man nach einem längerem Ausflug (unter Normalbedingungen, also nicht auf der Suche nach Holperstrecken) wieder zu Hause angelangt, fühlt man sich deutlich weniger gerädert, als in herkömmlichen Rollstühlen. Denn es sind vor allem die vielen kleinen Schläge, die jeder für sich ganz harmlos sind, die einem aber in der Summe doch die Wirbel weich klopfen. Und die absorbiert die Alber-Base ganz hervorragend.

Wo also liegt das Geheimnis, das diese Rollstuhlfederung so viel wirkungsvoller macht, als herkömmliche E-Rolli-Federungen?
Wir glauben, dass dieser Unterschied vor allem in der prinzipiellen Herangehensweise bei dem Entwurf eines E-Rollis zu suchen ist.
Der Grundgedanke bei den allermeisten Elektrorollstühlen beruht im Wesentlichen auf der Idee eines motorisierten Stuhls „mit Rädern unten dran“. Einen solchen „Fahrstuhl" hinsichtlich Federung und Fahrverhalten zu optimieren, ist natürlich nur in engen Grenzen möglich. Bei Alber ging man deshalb anders vor.

Man beauftragte Entwickler, die was von Fahrzeugbau verstehen und ließ ein Fahrwerk entwickeln, auf das dann ein „Stuhl" montiert wurde. Das Ergebnis ist ein Fahrwerk mit Sitz, nicht ein Sitz mit Rädern!

Fahrwerk ohne Sitz
Fahrwerk Untersicht

Dieser konzeptionelle Unterschied scheint uns entscheidend und wir hoffen sehr, dass auch andere Hersteller ihre Entwürfe in dieser Richtung optimieren. Er macht den Weg frei für einige entscheidende technische Lösungen, die dem Adventure zu seinem guten Fahrverhalten verhelfen:

Stabilisatoren
Stabilisatoren
Bei herkömmlichen Rollstuhlfederungen versucht man die Problematik des sehr hohen Schwerpunkts und die damit verbundene Nick-Neigung bei gefederten Fahrwerken, dadurch zu kompensieren, dass man die Federungen sehr hart ausführt. Das geht natürlich auf Kosten der Wirksamkeit der Federung. Bei dem A10 sind deshalb Stabilisatoren eingebaut, die dieser Nick-Neigung entgegenwirken.
Lange Federwege
Funktionsweise Federung
Dank der Stabilisatoren kann man längere Federwege bei gleichzeitig weicherer Abstimmung realisieren. Betragen die Federwege bei herkömmlichen E-Rollis ca. 20-30mm bei Verwendung „harter" Federn, verfügen die Feder-Dämpfer-Elemente beim A10 über einen Federweg von 52mm und können vergleichsweise „weicher" ausgeführt werden. Die Federn sind in 3 verschiedenen Härteklassen erhältlich (abhängig vom FahrerInnen-Gewicht). Eine Feinabstimmung ist über die Verstellbarkeit der Federvorspannung möglich.
Vorderradschwinge
Funktionsweise Federung
Sie ist als Parallelschwinge ausgeführt, was dazu führt, dass auch beim Einfedern sich der Winkel der vertikalen Achse der Vorderradgabel nicht verändert. Damit verändert sich auch der „Nachlauf“ des Vorderrades nicht, was zu einem stabileren Fahrverhalten beiträgt. Der Stuhl hält die Richtung leichter und „eiert“ nicht. (Schlangenlinien)

Wie beschrieben, sind wir begeistert von dem Fahrverhalten auf „normalen" mehr oder weniger befestigten Wegen. Alber beschreibt den Adventure darüber hinaus als einen Rolli, mit dem man sich getrost offroad bewegen könne, da er ja über ein so hervorragendes Fahrwerk verfüge.

Das kann man in bestimmten Grenzen durchaus, jedoch sollte man sicherheitshalber immer 2 bis 3 Freunde zum Schieben dabei haben. Man kann damit getrost im Stadtpark mal über den Rasen fahren (darf man aber meistens nicht!), oder auf einem befestigten Waldweg. Jedoch sollte der Untergrund weder nass noch lose sein, sonst läuft man schnell Gefahr, dass die Räder leer durchdrehen und der Rolli dann kaum zu steuern ist. Schlimmstenfalls geht es dann weder vorwärts noch rückwärts. (Jetzt braucht man die Freunde zum Schieben!)

Ein Grund dafür sind die besonderen Reifen, die Alber auf dem Adventure verbaut.

Reifen mit erhöhtem Laufsteg

Sie haben auf der Lauffläche einen etwas erhöhten Steg, der im normalen Fahrbetrieb, auf glatten, festen Untergrund die Auflagefläche des Reifens verringert und somit einen geringeren Rollwiderstand bieten soll. Auf weichem Boden (offroad) soll, wenn das Rad in den Boden etwas einsinkt, das gröbere Stollenprofil greifen und für Traktion sorgen.

Das ist gut gedacht und funktioniert zumindest auf Asphalt o.ä. gut. 
Abgesehen von winterlichen Ausfahrten, bei denen man mit Glätte rechnen muss, wird die Sache immer dann problematisch, wenn es gilt ein Hindernis zu überwinden, auf dass man nicht „volle Kanne“ zu rasen kann, wie z.B. Bordsteinkanten. Hier bekommen die Hinterräder wegen dem glatten Steg keinen Grip und drehen an dem Bordstein einfach leer durch, ohne hoch zu steigen. Oder man bleibt, falls man es doch mal "offroad" versucht, unglücklich vor einer Wurzel oder ähnlichem stehen. Auch hier hat man gute Chancen an dem rutschigen Hindernis mit durchdrehenden Rädern hängen zu bleiben. Ist der Untergrund lose, gräbt man sich schnell ein und verliert dadurch die für die Steuerung wichtige Traktion.
Wir hatten das Pech, so unglücklich zwischen 2 Wurzeln zum Stehen zu kommen, dass ein Rad gar keinen Grip mehr hatte und uns das andere Antriebsrad im Kreis um das durchdrehende Rad bewegte.
Sind Freunde dabei, macht so was ja Spaß, wenngleich man in unebenem Gelände bei solchen Manövern auch leicht umkippen kann...

 

Am besten, man fährt nur in Begleitung ins Grüne!

Der Antrieb

Der Adventure wird von bürstenlosen Nabenmotoren angetrieben, die einen deutlich höheren Wirkungsgrad aufweisen, als herkömmliche Elektromotoren. Sie arbeiten weitgehend wartungsfrei (keine „Bürsten“ = Schleifkohlen, die sich abnutzen und Funken sprühen) und sind zudem kompakt genug, um in dem Antriebsrad untergebracht werden zu können.

Nabenmotor

Eine weitere Besonderheit dieses Antriebs ist, dass der Motor im Schiebebetrieb als Generator arbeitet (Rekuperator) und die Akkus wieder lädt. Das funktioniert allerdings nur bei Bergabfahrt, wenn der durch die Schwerkraft erzeugte Vortrieb größer ist, als der durch den Motor erzeugte. In eher flachen Gegenden ist der Ladeeffekt erwartungsgemäß sehr gering, so dass man sich von dieser Technik nicht zu viel erwarten darf. Bei langen Berabfahrten in bergigen Gebieten, so wurde uns von Alber versichert, sei der Rekuperationseffekt jedoch durchaus spürbar.
Dabei könne die Ladewirkung so hoch werden, dass die Elektronik die Motoren abbremsen müsse, um ein Überladen der Akkus zu verhindern. Dann geht es nur im Schritttempo bergab. Solche „Probleme" treten aber nur dann auf, wenn die Akkus schon gut geladen sind. Also immer erst bergauf fahren, bevor man bergab fährt. (Schlecht, wenn man oben auf dem Berg wohnt...)

Wie fast alles an dem Adventure, kann man die Antriebseinheiten mit wenigen Handgriffen ab- und anbauen. Dazu muss nur ein Verriegelungshebel an der Radaufnahme nach unten gedrückt werden, wodurch sich das Antriebsrad aus seiner Aufnahme schiebt. Nun kann man es einfach abziehen.

Rad entriegeln
Rad ausrücken
Rad abnehmen
 

Um den ganzen Vorgang zu erleichtern, verfügt der Adventure über einen in den Stützrollen integrierten „Wagenheber“. Eine wunderbar einfache, aber wirkungsvolle Lösung. Genial!
Leider sind die Gummipuffer, die ein Wegrutschen beim Aufbocken verhindern sollen und zudem den Boden (indoor) schonen, schon beim ersten Versuch, den Rolli aufzubocken, aus ihrer Halterung gerutscht. Dummerweise lassen sie sich aber nicht so ohne weiteres wieder befestigen. Schade.

Die Elektrik

Ladegerät, Ladeanschluss

Wie immer, muss der Rolli nach der Fahrerei ans Netz, um die Batterien zu laden. Leider ist die Ladebuchse unter dem Sitz sehr schlecht erreichbar, weshalb es ein Verlängerungskabel (Buchse-Stecker) gibt, das den Ladeanschluss gut erreichbar, unter die Armlehne verlegt. (Siehe Foto weiter oben)
Das ärgerliche an dieser Sache ist wieder einmal der Preis: Für ein lächerliches 80cm Kabel muss man über 90,-€ hinblättern! Das ist unverschämt! (noch ein Kandidat für die Hitliste der „Kaum-zu-toppen-Preise“!)
Mit etwas Geschick und Zeit kann man sich so ein Kabel für weniger als 9,-€ selbst herstellen. (XLR-Kupplung, -Stecker)

Ladegerät

Gut gefällt uns das Ladegerät, das absolut lautlos arbeitet. Das ist prima, vor allem, wenn man den Rolli (nachts) in der Wohnung aufladen muss. Zudem ist das Gehäuse so gestaltet, dass man das Kabel einfach darum aufwickeln kann.

 

Steuerelektronik

Auch hier geht Alber eigene Wege und greift nicht auf die weit verbreiteten und bewährten Steuerungen zurück, sondern bietet eine eigene Steuerung an. Sie unterscheidet sich vor allem durch die schon beschriebenen verschiedenen Lenkmethoden für Indoor- und Outdoor-Modus.

Eine Frage, die bei allen uns bekannten Rollstuhlsteuerungen auftaucht und die uns jedes Mal wieder aufs Neue ärgert, ist
„Warum können Fahrradtachos, die man für 4,-€ beim Lebensmitteldiscounter kaufen kann, mehr Informationen anbieten, als unglaublich teure Steuerungen für Rollstühlen?"

Steuerpult mit Programmierschlüssel

Alle wichtigen Parameter für Angaben zu Geschwindigkeit, Fahrstrecke, Batteriezustand usw. werden von der Steuerelektronik sowieso erfasst. Dass es kein Problem ist, diese Werte auf dem Display anzeigen zu lassen, zeigen uns die 4,-€ Fahrradtachos.
Aber ganz offensichtlich wollen die Hersteller vermeiden, dass man ihre phantastischen Reichweitenangaben allzu einfach als Augenwischerei entblößen könnte.

Tatsächlich kann man die Steuerelektronik des Adventure so einstellen, dass Geschwindigkeit, oder Fahrstrecke angezeigt werden. Aber erstens braucht man dazu den Programmierschlüssel, den der Händler in der Regel nicht an den Kunden weiterreicht, und zweites braucht man diese Informationen alle zusammen, nicht entweder die eine oder die andere!

Peripherie-Modul

Teil der elektrischen Ausstattung ist das „Peripherie-Modul", das immer dann erforderlich wird, wenn weitere Verstellmotoren (Aktuators) zum Einsatz kommen. In unserem Fall ist das Modul zur Ansteuerung der Sitzkantelung erforderlich. (Und macht sie dadurch um 600,-€ teurer!) Man kann damit maximal 4 Verstellmotoren ansteuern.
An einer 24V Buchse ließe sich mittels eines Steckers, wie man ihn von PKWs kennt (Zigarettenanzünder), Strom abnehmen, wäre denn die Buchse angeschlossen. Die Fa. Alber teilte uns auf Nachfrage mit, dass die Buchse nur dann bestromt sei, wenn auch ein Verbraucher (vom Fachhändler) installiert sei.

Hier würden wir uns eine 12V Buchse (bestromt!) wünschen, da hierfür im KFZ-Zubehörhandel allerlei Geräte angeboten werden. (z.B. Spannungswandler für Notebooks oder andere Kleingeräte)

Uns stellt sich hier die Frage, wofür man ein 600,-€ teures Gerät braucht, dass im Wesentlichen aus einer leeren Hülle besteht. Da sich das von Alber lieferbare elektrische Zubehör auf die Sitzkantelung beschränkt, sollte man das Peripheriemodul nur dann anschaffen müssen, wenn man tatsächlich seinen Rolli von Drittanbietern mit weiteren elektrischen Antrieben ausstatten lässt. Nur für die Kantelung sollten sich kostengünstigere Lösungen finden lassen.

Uns scheint das Modul vor allem bei Regen etwas schutzlos an der Rückenlehne angebracht zu sein. Die Anschlußbuchsen sind nur durch Plastikkappen, bzw. Gummistöpsel vor Wasser geschützt. Wir haben schon nach wenigen Stunden der Nutzung einen Gummipinuckel, der die Kontaktbuchsen verschließt, verloren. Das Peripheriemodul scheint uns unter der Sitzfläche deutlich besser aufgehoben zu sein.

Reichweite, Batterien

Es gibt Rollstühle, bei denen die Reichweite keine große Rolle spielt. Man ist sowieso froh, wenn man wieder aussteigen kann aus diesen Knochenschindern.
Anders bei unserem Adventure. Da würde man gerne ein Stückchen weiter fahren.

Unser Alber soll eine Reichweite von 45 km haben! Uns scheint 25 km ein optimistisch angesetzter Wert zu sein! Aber dann steht man mit leeren Batterien da und braucht wieder die 3 Freunde von oben.

Nach 20 km Fahrt zeigt die Ladestandsanzeige nur noch einen von 5 Balken an. Vielleicht schafft man in bergigen Gegegenden mehr, wenn man mit frischen Batterien berauf starten und bei der Abfahrt den Rekuperationseffekt nutzen kann. Vielleicht!...

Alber wird nun, wie alle anderen Hersteller, darauf verweisen, dass diese Reichweite nach bestimmten, verbindlichen Normen ganz korrekt ermittelt worden sei und dass sie niemals behauptet hätten, der Adventure würde im Normalbetrieb 45km weit fahren können.
Stimmt! Trotzdem bleibt es Augenwischerei, denn die Laborbedingungen bei solchen Testläufen haben mit der Praxis so viel zu tun, wie Wahlkampf mit der darauf folgenden Regierungspraxis!

Besonders ärgerlich wird die Sache, wenn, wie bei Alber, in der Produktbeschreibung der Eindruck erweckt wird, man könne mit dem Rolli die Alpen überqueren. Das geht nur, wenn man einen Konvoi hinter sich weiß, der einen ständig mit neuen Akkus versorgt. (und/ oder die 3 Freunde von oben!)

Als wir neugierig eine Akkubox öffneten (Torx T20), waren wir nicht schlecht überrascht:
Wir stießen auf 2 Batterien, jeweils 12V/ 17Ah!

Batteriebox_offen

Es handelt sich dabei um handelsübliche Gel-Batterien, die man im Bedarfsfalle außerhalb der Hilfsmittelbranche zu einem Bruchteil der Kosten besorgen kann. (Auf den Batterie-Typ achten! Typenschild !)

Die Batterien sind in der Box in Reihe geschaltet, so dass sie pro Box jeweils 24V/ 17Ah ergeben. Die beiden Koffer sind dann parallel geschaltet, so dass sich zusammen 24V/34 Ah ergeben.

34Ah ist tatsächlich recht wenig. Die meisten anderen Rollis verfügen in der 10 bzw. 12km/h Version über fast doppelt so viel Batteriekapazität.

Zwar verbraucht der bürstenlose Gleichstrommotor deutlich weniger Strom als herkömmliche Gleichstrommotoren, auch tragen das geringe Gewicht und, wenn man unbedingt will, auch die besonderen Reifen und die Rekuperationstechnik dazu bei, Energie zu sparen, aber ein Langstreckenfahrzeug wird trotz allen Aufwandes daraus nicht!

Akkuwechsel

Der Adventure ist mit seiner bescheidenen Reichweite eher zum Shoppen geeignet, als zum Wandern. Schon gar nicht zum Wandern in den Bergen!...

Einen entscheidenden Vorteil haben die kleinen Batterien:
Sie lassen sich in handliche Boxen packen, so dass man sie, typisch Adventure, mit einem Handgriff abnehmen und, so man hat, gegen frische Akkus auswechseln kann. Der Akkutausch dauert keine Minute!

Dieser Vorteil bringt aber neben der geringen Kapazität noch einen weiteren Nachteil mit sich:
Die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall einer Zelle, und damit des gesamten Batteriesystems, ist doppelt so hoch, wie bei einem System mit nur 2 Batterien. (4 x6 Zellen, statt 2x 6 Zellen)

Bei der Akku-Verriegelung fiel uns auf, dass sie sich im Fahrbetrieb von alleine löst. Der Verriegelungshebel bewegt sich durch Erschütterung von alleine aus seiner verriegelten (waagerechten) Position nach unten in die entriegelte Position. Man verliert deshalb nicht gleich die Akkukoffer, aber sie hängen dann nur durch ihr eigenes Gewicht „gesichert" an der Aufhängung. Eigentlich sollte die Verriegelung so gelöst sein, dass sie nur gegen die Schwerkraft zu lösen ist.

Beleuchtungsanlage

elastische Befestigung der Blinker

Besonders gut gefällt uns die geschützte Lage der Scheinwerfer, Rücklichter und der Blinker, die zudem ihre Ohren anlegen können.

Bei der Gestaltung der Blinker und der Rückleuchten hat die Designer ganz offensichtlich die Kraft verlassen. Sind die eigentlichen Montagehalterungen noch vorzüglich durchdacht und passen sich perfekt an das Fahrzeug an, hängen vor allem die Blinker und Rücklichter wie Fremdlinge daran. Gerüchten zufolge sollen die Blinker von der BMW Isetta (1960) stammen…
Alle Leuchten sind mit normalen Glühlämpchen bestückt.

Kommen wir zu einer weiteren Stärke des Adventure:

 

Servicefreundlichkeit

Wir haben den leichten Batterieaustausch und das einfach handhabbare Abnehmen der Antriebe beschrieben. Beides erleichtert einen evtl. notwendigen Austausch erheblich.

Motorentriegelung

Seine besonderen Qualitäten spielt der Adventure beim Transport aus:
Der ganze Rolli wiegt nur 98kg! Das ist sehr wenig.

Will man den Rolli schieben, so kann man beide Motoren bequem mit einem Hebel entkuppeln. Das geht auch gut, wenn man noch im Rollstuhl sitzt.

Beim Schieben ist man erst mal überrascht wie leicht sich der A10 bewegen lässt. Man kann damit natürlich niemanden durch die Gegend schieben, aber im Vergleich zu anderen E-Rollis lässt sich der Adventure eben doch sehr viel leichter manövrieren. Darüber freuen sich diejenigen, die den Rolli verladen müssen, oder die ihn in der Wohnung mal eben woanders hin schieben wollen. Die optional erhältlichen Schiebegriffe (+123,-€) sind hierfür sehr hilfreich.

Zum Transport kann man den Rolli „strippen“. Mit etwas Übung geht das Auseinanderbauen und wieder Zusammensetzten "Razz-Fazz".
Die Einzelteile lassen sich dann relativ einfach verladen.

Wirklich ärgerlich ist, dass man Zurrösen zum sichern Verzurren des Rollis vergeblich sucht. Zwar bietet Alber optional ein "Kraftknotensystem" (636,65€) an, bei dem allerdings, anders als bei üblichen Kraftknotensystemen,  der/die FahrerIn während des KFZ-Transports nicht (!) im Rolli sitzen bleiben darf. Hier wären einfache Zurrösen, statt des teuren Pseudo-Kraftknotens, die deutlich bessere Lösung!

zerlegt und reisefertiger Rolli
Herstellerangaben
Gewichte der Einzelkomponenten
1 Akku-Pack 14,6 kg
1 Antriebsrad 11,2 kg
1 Lenkrad mit Gabel 2,3 kg
Fahrwerk 26,2 kg
Sitzeinheit 14,3 kg
Ladegerät 1,1 kg
 

Produktdarstellung

Ein Punkt, über den wir immer wieder stolpern und der immer wieder für Verärgerung sorgt, sind die branchenüblichen Schönfärbereien bei der Beschreibung der Produkte. Hier bildet Alber keine Ausnahme, was um so unverständlicher ist, als das der Adventure auf solche Augenwischereien gar nicht angewiesen wäre!

Auf die fabulösen Reichweitenangaben haben wir weiter oben schon verwiesen. Ungeachtet der tatsächlich geringen Reichweite des Adventure, erweckt Alber in seinen Farbprospekten den Eindruck, als könne man mit diesem Rolli die Alpen überqueren und das am besten noch querfeldein! (offroad)

Mal ganz abgesehen davon, dass man schon weit vor der Mautstelle mit leeren Akkus das "Adventure" abbrechen müsste, stellt sich eine unerwartete und besonders ärgerliche Nebenwirkung dieser Art von Produktbeschreibung heraus:
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) begründen in ganz Deutschland die Ablehnung der Kostenübernahme für den Adventure damit, dass dieser Rolli für das „Offroadfahren im Gebirge“ konstruiert sei, und so etwas nicht zur Basisversorgung, für die die GKV zuständig sei, gehöre.

Alber verschiebt in seiner eigenen Darstellung die Gewichtung von wirksamer Federung, die aus medizinischen Gründen notwendig ist, hin zu einer guten Federung, mit der man eine Menge Spaß haben kann. Stimmt ja auch, aber trotzdem ist so ein Rolli noch lange kein bloßes Freizeitfahrzeug! Und in dieser Richtung liefert man den GKV Argumentationshilfen für die Ablehnung der Kostenübernahme.

In der Folge muss sich der/die Versicherte gewaltig strecken und geschickt argumentieren, um seine Krankenkasse von der Notwendigkeit, mit einem Adventure versorgt zu werden, zu überzeugen. Dabei muss er gegen die Herstellerangaben argumentieren, was den ganzen Vorgang deutlich erschwert.

Auf unsere Nachfrage bei Alber, warum man es den gesetzlich Versicherten durch diese Art der Werbung zusätzlich erschwere mit einem Adventure versorgt zu werden, sagte man uns, dass Albers Zielgruppe für den Adventure die „Selbstzahler“ seien. Und da müsse die Werbung nun mal etwas „farbiger“ sein.

Nicht gut.

Fazit

Uns hat natürlich die gut funktionierende Federung sehr beeindruckt. Abgesehen von der sich selbstständig entriegelnden Batteriehalterung, des fragwürdigen "Kraftknotens" und den branchenüblichen Mondpreisen, bewegen sich unsere Nörgeleien auf hohem Niveau.
Die technischen und gestalterischen Lösungen, sowie der Umgang mit dem Material und die Qualität der Verarbeitung setzten Maßstäbe, auch wenn an einigen Stellen noch nachgebessert werden könnte.

Trotzdem darf man nicht übersehen, dass der Adventure bei der Anpassbarkeit nicht sehr flexibel ist, so dass er, zumindest so wie er von Alber geliefert werden kann, für viele Behinderungsbilder nicht geeignet ist.
Alber bietet deshalb die „Base“ auch separat an, auf die dann hoch spezialisierte Sitzkonstruktionen aufgebaut werden können. Der Aufwand dafür ist jedoch nicht zu unterschätzen, müssen solche Spezialanpassungen doch einzeln vom TÜV abgenommen werden.
Da dies natürlich auch eine Kostenfrage ist, wird für viele Behinderte das überzeugende Fahrwerk des Adventure weiterhin ein Traum bleiben.

Nachtrag Oktober 2013

In dem obigen Testbericht habe ich die geringe Reichweite von knapp 25km kritisiert.
Inzwischen habe ich etliche Zuschriften von Adventure-Nutzern erhalten, in denen von deutlich höheren Reichweiten berichtet wird. So seien mit den 17-Ah-Batterien Reichweiten von knapp 30km erreicht worden.
Es sieht so aus, als seien im Regelfall größerer Reichweiten zu erreichen, als mir das mit unserem Testmodell gelang.

Wir fragten bei der Fa. Alber nach, wie sich die deutlichen Unterschiede bei den Reichweiten erklären ließen. Dazu äußerte sich Alber wie folgt:

Zunächst sei die Reichweite stark von Faktoren wie Reifendruck, Temperatur und Fahrbahnbelag abhängig. (und natürlich auch vom Gelände.)

Zudem trügen Toleranzen bei der Produktion einzelner Bauteile zu unterschiedlichen Reichweiten bei. Hier fielen besonders die teilweise erheblichen Unterschiede bei nominal gleichen Akkumodellen auf. Auch könnten produktionsbedingte Schwankungen den Energiehunger der Motor-Getriebe-Einheiten beeinflussen.

Außerdem sei die Programmierung der Steuerungselektronik inzwischen mehrfach optimiert worden, was zu geringeren Stromverbräuchen bei neueren Modellen führe.


Da der getestete Adventure mein eigener Rollstuhl ist, habe ich die serienmäßigen 17Ah Panasonic Akkus gegen 22Ah Akkus von Multipower ausgetauscht, und so die Reichweite von knapp 25 auf gut 30km steigern können. Wie ich inzwischen weiß, ist das ein eher guter Wert in der Welt der E-Rollis.

Alber baut auf Wunsch und ohne Mehrkosten die 22-Ah-Akkus bei neu bestellten Rollstühlen ein. Allerdings weist Alber darauf hin, dass sich die 17Ah-Akkus bei eigenen Testreihen als langlebiger erwiesen, als die 22-Ah-Akkus.

 

 

  • schickes Aussehen
  • raffinierte, inovative technische Lösungen
  • sehr gut wirksame Federung
  • sehr gute Fahreigenschaften
  • Zerlegbarkeit
  • geringe Reichweite
  • 4 Batterien
  • ungenügende Grundausstattung
  • schlecht anpaßbar